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Politik: ... wir Deutschen weniger schön werden

Bis dieser Text hier richtig losgeht, ist ein rein technisch bedingter Abschnitt erforderlich, den Sie bei Zeitmangel eventuell überspringen sollten. Also fürs Protokoll: Es geht um die 14.

Bis dieser Text hier richtig losgeht, ist ein rein technisch bedingter Abschnitt erforderlich, den Sie bei Zeitmangel eventuell überspringen sollten. Also fürs Protokoll: Es geht um die 14. Novelle des Arzneimittelgesetzes mit den Änderungen des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) zur Einbeziehung von Schönheitsoperationen in den Anwendungsbereich des HWG. Heute tritt sie in Kraft – und wird die Welt der Schönheit in ihren Wurzeln erschüttern, jedenfalls in Deutschland.

Vordergründig geht es um Werbung, in erster Linie um jene so beliebten Werbefotos für Schönheitsoperationen nach dem Prinzip „Vorher – nachher“. Vorher, das ist die Gruselabteilung: fette Schenkel, hängender Bauchspeck, Dackelfalten am ganzen Körper. Nachher, das ist Heidi Klum. Holla, sagen die Leute, die solche Fotos sehen, ich wollte schon immer die Schenkel, den Speck und die Falten gegen irgendwas Hübsches, Mageres, Dackelloses eintauschen. Warum nicht in diese fabelhaft heidiklumhafte Richtung?

Die Erfahrung zeigt: Die Leute veräußern, unlauter stimuliert, ihr Tafelsilber, gehen zum Chirurgen, und wenn die Mullbinden fallen, ist da nix mit Heidi Klum. Sondern nur Wurstnähte, Beulen, Blutergüsse und Freunde, die fragen, ob das ein Autounfall oder eine Schlägerei war. Kommt dann ein wenig ärztlicher Pfusch dazu, ist der erhoffte Fernsehruhm nur noch in einer Rolle möglich: als jammerndes Opfer in „Akte 2006“ oder bei „Deutschlands dümmsten Arztpatienten“.

Ja, und damit ist nun Schluss. Suggestive Werbung, irreführende Werbung, Werbung, die den Eindruck erweckt, ein bestimmter Erfolg werde mit Sicherheit eintreten – verboten. Aber damit sinkt zwangsläufig auch die Nachfrage generell, es werden viele Menschen depressiv auf ihrem Speck sitzen bleiben, denen der Chirurg locker eine Model- Karriere ermöglicht hätte. Eine Frau wie Tatjana Gsell, die von ihrem Mann ja quasi aus Werbegründen zu einer Art Sixtinischen Kapelle der Schönheitschirurgie gestaltet wurde, muss sogar damit rechnen, dass ihr Auftreten in der Öffentlichkeit nun strafbar ist.

Das wäre nicht das Schlimmste. Aber wir müssen damit rechnen, dass das allgemeine deutsche Schönheitsniveau sinken wird, womöglich unter das säkulare Tief von 1927. Die Deutschen, werden sie in aller Welt spotten, das sind die mit den Hängebusen und Segelohren. Unsere Entgegnung, wir seien eben eine Art Bio-Mensch, unplugged lebend und glücklich dabei – sie wird verhallen. Lassen wir uns halt von suggestiv irreführender Werbung nach Polen locken. Das ist das Operieren sowieso billiger. bm

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