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Politik: 134 Staaten streiten in Montreal um ein Abkommen über gentechnisch veränderte Produkte

Delegierte aus 134 Staaten versuchen in dieser Woche im kanadischen Montreal, eine Einigung über ein Protokoll zu erzielen, das erstmals den grenzüberschreitenden Handel mit gentechnisch veränderten Organismen regulieren soll. Das Protokoll über biologische Sicherheit soll das "Mutterabkommen", die UN-Konvention über den Schutz der Artenvielfalt, ergänzen.

Delegierte aus 134 Staaten versuchen in dieser Woche im kanadischen Montreal, eine Einigung über ein Protokoll zu erzielen, das erstmals den grenzüberschreitenden Handel mit gentechnisch veränderten Organismen regulieren soll. Das Protokoll über biologische Sicherheit soll das "Mutterabkommen", die UN-Konvention über den Schutz der Artenvielfalt, ergänzen. Der Konferenz geht ein fünfjähriges Tauziehen voraus, das bislang ergebnislos geblieben ist.

Im Februar 1999 scheiterte der erste Teil der Konferenz im kolumbianischen Cartagena, als die in der Miami-Gruppe vereinten großen Getreideexporteure USA, Kanada, Australien sowie Chile, Uruguay und Argentinien 130 andere Staaten blockierten. An der Kluft zwischen den Handelsinteressen dieser Miami-Gruppe und den Sicherheitsforderungen der Europäischen Union und der Entwicklungsländer hat sich wenig geändert. Vor allem die Entwicklungsländer fürchten, dass gentechnisch veränderte lebende Organismen wie Saatgut wie auch Nahrungs- und Futtermittelprodukte die reiche Artenvielfalt in den warmen Ländern der Erde gefährden könnten. Sie verlangen deshalb den Einschluss eines "Sicherheitsprinzips" im Protokoll, das es erlaubt, bis zu einer Klärung präventiv Importe zu blockieren.

Die Miami-Gruppe will dagegen nichts zulassen, was als Hebel für die Errichtung von Handelsbarrieren genutzt werden könnte. Kanada, das in der Miami-Gruppe feder führend ist, verlangte am Montag eine Klarstellung des Verhältnisses zwischen dem Welthandelsabkommen (WTO) und dem Umweltprotokoll.

Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer, die sich für die letzten beiden Konferenztage am Donnerstag und Freitag angesagt hat, machte zusammen mit Umweltministern anderer Länder ihr Kommen von konkreten Fortschritten abhängig. Die deutsche Delegationsleiterin Ulrike Riedel äußerte sich optimistisch, dass ein Durchbruch möglich ist. Sie gründet das nicht zuletzt auf die auch in Nordamerika wachsende Gegenschaft gegen genmanipulierte Produkte, die den Politikern der Miami-Gruppe nicht verborgen bleiben kann. 500 Menschen trotzten am Wochenende Kältetemperaturen von minus 45 Grad Celsius, um von den Delegierten lautstark den Abschluss des Sicherheitsprotokolls zu verlangen.

Berichte aus Europa über Demonstrationen gegen die "Frankenstein"-Nahrung haben immerhin zu einem Umdenkungsprozess in der bislang sorglosen kanadischen Bevölkerung geführt. Wenige Wochen, nachdem Kanadas Regierung kategorisch abgelehnt hatte, die Kennzeichnung von "Gen-Nahrung" einzuführen, ergab eine Umfrage, dass eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung diese dann meiden würde. Am Montag berichtete eine führende Zeitung Kanadas, dass die Farmer Nordamerikas immer häufiger die Frage stellen, ob die Skepsis gegenüber gentechnisch veränderten Lebensmitteln im Ausland zu Absatzproblemen führen könnte.

Greenpeace stellte am Montag einen sieben Meter hohen "Maiskolben" vor der Tagungsstätte auf, um damit die Gefahren einer "genetischen Verseuchung" durch unregulierten Handel zu demonstrieren. Das Maisungetüm "fraß" seltene Schmetterlinge. "Dies ist die entscheidende Woche für ein historisches Treffen", erklärte Greenpeace-Sprecher Benedikt Haerlin. "Die Öffentlichkeit wird die Politiker für das Resultat zur Verantwortung ziehen".

Barbara Halsig

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