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Politik: 17 800 mussten gehen Katholische Kirche prangert Abschiebungspraxis an

Bischöfe kritisieren eine zunehmend restriktive Umsetzung des Zuwanderungsgesetzes

ABSCHIEBUNG

2005 wurden nach Angaben des Bundesinnenministeriums 17 800 Ausländer aus Deutschland abgeschoben. 2004 waren es 23 300. Der Rückgang liege vor allem an der Osterweiterung der EU, heißt es im Innenministerium.

ABSCHIEBEHAFT

In Deutschland leben momentan rund 200 000 Menschen, die abgeschoben werden sollen. 20 000 bis 30 000 von ihnen werden jährlich in Abschiebegefängnissen inhaftiert.

DULDUNG

50 000 Menschen leben hier seit über zehn Jahren mit dem Aufenthaltsrecht der Duldung. Sie wird nur für wenige Monate gewährt und muss dann verlängert werden. Eine Arbeit zu finden, ist dadurch sehr schwer. clk

Berlin - Deutschland befindet sich in einer bedrohlichen „Angststarre“ und reagiert mit Abwehrreflexen auf Zuwanderer. Dass wir ein Einwanderungsland sind, ist bei vielen Menschen immer noch nicht angekommen, wodurch das Land seine Zukunft verspielt. So sehen es die deutschen Bischöfe, die am Dienstag auf ihrer Frühjahrsvollversammlung die „zunehmend restriktive Auslegung und Umsetzung des neuen Zuwanderungsgesetzes kritisierten, das seit Januar 2005 in Kraft ist. „Eine Gesellschaft, der es an Großzügigkeit gegenüber den Bedürftigen fehlt,versteift sich in Kleinmütigkeit und nimmt selbst Schaden“, sagte Kardinal Karl Lehmann, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. „Für eine gute Zukunft ist das keine brauchbare Voraussetzung.“ Mehr Gelassenheit sei nötig.

Vielen Zugewanderten werde nach wie vor nur ein vorübergehender Aufenthaltsstatus gewährt, damit man sie leichter abschieben könne. Auch fehle eine verbindliche Regelung für diejenigen, die schon seit vielen Jahren im Land leben und deren Kinder hier geboren und zur Schule gegangen sind. Dadurch werde der Geist des Zuwanderungsgesetzes ins Gegenteil verkehrt. Es sei verabschiedet worden – und deshalb haben die Bischöfe über Jahre dafür gekämpft –, damit die Integration gestärkt werde und ein positiveres Klima gegenüber Fremden geschaffen werde.

„Anstatt den Menschen, die hier leben, eine Perspektive zu bieten, wird im Stillen die Abschiebepraxis verschärft“, sagte Weihbischof Josef Voß, der Vorsitzende der Migrationskommission der Bischofskonferenz. „Besonders problematisch“ sei die Ankündigung von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), die Ausreisepflicht forciert durchzusetzen.

Außerdem verfolge man „mit großer Sorge“, dass die Bundesregierung im Zuge der Bekämpfung von Schein- und Zwangsehen Ehegatten erst ab einem Alter von 21 Jahren nachziehen lassen will. Diese Regelung sei nicht geeignet, um Schein- oder Zwangsehen zu verhindern. Sie stelle aber alle unter Generalverdacht, die unter 20 Jahren heiraten würden – was dem Recht widerspreche, ab 18 Jahren heiraten zu dürfen. Auch sei zwar vernünftig, dass die Bundesregierung auf Deutschkenntnisse der nachziehenden Ehegatten poche. Falsch sei jedoch, generell denjenigen die Einreise zu verweigern, die kaum Deutsch könnten. Oft gebe es in den Heimatländern gar nicht die Möglichkeit, Deutsch zu lernen.

Die Bischöfe prangern außerdem die Zustände in den Abschiebegefängnissen an. Die Inhaftierten würden oft zu lange und mit fadenscheinigen Begründungen festgehalten, weil nicht ausreichend geprüft werde, ob die Haft notwendig sei. „Diese Situation wird sich noch verschärfen“, fürchtet Kardinal Lehmann, „falls, wie geplant, die Ausländerbehörden auch ohne richterlichen Beschluss zur Festnahme ermächtigt werden.“

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