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Politik: 24 Jahre nach dem Anschlag auf die OPEC-Konferenz stellte Staatsanwaltschaft Anklage fertig

Der mutmaßliche Kommandant des Terroranschlags auf die OPEC-Konferenz in Wien 1975, "Carlos", soll im kommenden Jahr in Frankfurt am Main als Zeuge vor dem Landgericht erscheinen. Das jedenfalls will die Justiz erreichen, wie der Sprecher der Frankfurter Staatsanwaltschaft, Job Tilmann, dem Tagesspiegel sagte.

Der mutmaßliche Kommandant des Terroranschlags auf die OPEC-Konferenz in Wien 1975, "Carlos", soll im kommenden Jahr in Frankfurt am Main als Zeuge vor dem Landgericht erscheinen. Das jedenfalls will die Justiz erreichen, wie der Sprecher der Frankfurter Staatsanwaltschaft, Job Tilmann, dem Tagesspiegel sagte. 25 Jahre nach dem dramatischen Schusswechsel auf der Konferenz der Erdöl exportierenden Länder, bei dem drei Menschen getötet wurden, kommt es damit zu einer Begegnung von Tätern und Opfern, denn als Zeugen sollen auch Konferenzteilnehmer und Sicherheitskräfte geladen werden, die den Anschlag damals miterlebt hatten. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hat gegen zwei der mutmaßlichen Wien-Attentäter jetzt eine Anklage wegen Beteiligung am dreifachen Mord fertiggestellt.

Auf der Anklagebank werden sich verantworten müssen: RAF-Aussteiger Hans-Joachim Klein, den Zielfahnder des Bundeskriminalamtes (BKA) 1998 in seinem Versteck in der Normandie aufgestöbert hatten, wegen gemeinschaftlich begangenen Mordes und sein mutmaßlicher Komplize Rudolf Schindler, den Klein bei seinen Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft Frankfurt offenbar schwer belastet hat, wegen Beihilfe. Bislang waren alle Versuche der Justiz, den OPEC-Anschlag aufzuklären, gescheitert. Die RAF-Aktivistin Kröcher-Tiedemann wurde 1990 freigesprochen, obwohl die inzwischen Verstorbene nach wie vor verdächtigt wird, jene "Nada" gewesen zu sein, die 1975 in Wien einen österreichischen Kriminalbeamten und einen irakischen Leibwächter aus nächster Nähe niedergeschossen hatte. "Carlos" selbst soll einen dritten Mann eigenhändig getötet haben.

Kleins Teilnahme am Terroranschlag ist geklärt. Klein hatte schon bald nach der Drama von Wien seinen Ausstieg aus der RAF öffentlich gemacht. Freunde, darunter der grüne Europaabgeordnete Cohn-Bendit, hatten ihm geholfen, in Frankreich unterzutauchen. Einer Journalistin hatte Klein gesagt, er wolle sich den deutschen Behörden stellen. Kurz vor dem Erscheinen des Artikels erfolgte Kleins Verhaftung.

"Ausgiebig" habe Klein den ermittelnden Staatsanwälten seitdem über Vorbereitung, Tatverlauf des OPEC-Anschlags und über seine Flucht Auskunft erteilt, berichtet der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Dabei hat Klein offenbar einen Mann belastet, der zuvor gar nicht mit dem Wiener Anschlag in Verbindung gebracht worden war: Rudolf Schindler, der als Aktivist der "Revolutionären Zellen" galt. Er soll nach Kleins Aussage in Wien wichtige Vorbereitungen erledigt haben. Seit Mitte Oktober sitzt Schindler deshalb in Haft. Klein habe auch über seine Flucht und sein Untertauchen berichtet, nur - wie Tilmann sagt - "nichts zu den Unterstützern". So bleibt der Staatsanwaltschaft nur das Bekenntnis von Daniel Cohn-Bendit, er habe zusammen mit anderen französischen Intellektuellen Klein beim Ausstieg geholfen. "Ob das für einen Antrag zur Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Cohn-Bendit reicht", so der Justizsprecher, "ist noch nicht entschieden".

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