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Politik: 250 Leoparden, aber wofür?

Struck redet in Ankara über den Wunsch der Türkei nach deutschen Panzern

Deutschland liefert Leopard-2-Panzer an die Türkei - noch vor wenigen Jahren brachte diese Vorstellung die rot-grüne Bundesregierung an den Rand des Abgrunds. Inzwischen hat sich das Bild gewandelt: Die Bundeswehr hat viel zu viele Panzer, und die Türkei ist auf dem Weg nach Europa und damit ein vertrauenswürdigerer Partner als früher. Deshalb reiste Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) am Mittwoch zu zweitägigen Gesprächen nach Ankara, um mit der türkischen Regierung über die Abgabe von rund gebrauchten 250 Leopard-Panzern aus Bundeswehrbeständen an die türkische Armee zu sprechen. Vorgesehen waren Gespräche Strucks mit seinem Amtskollegen Vecdi Gönül sowie mit Außenminister Abdullah Gül.

Leere Staatskassen und eine veränderte Bedrohungslage haben die türkischen Militärs in den letzten Jahren veranlasst, ihren Rüstungs-Wunschzettel rigoros zusammenzustreichen. So gaben die Generäle den Plan auf, 1000 neue Kampfpanzer in Lizenz zu bauen und dafür acht Milliarden Euro auszugeben. Nun sollen die alternden Panzerverbände der Türkei möglichst rasch und möglichst kostengünstig modernisiert werden. Da trifft es sich gut, dass die Bundeswehr gerade mehr als 800 ihrer 1200 Leopard 2 loswerden will.

Grundsätzliche Bedenken Berlins gegen einen Panzertransfer an den Nato-Partner gibt es nicht mehr. Der Krieg der türkischen Armee gegen die Kurdenguerilla PKK ist vorbei, und die Türkei erfüllt nach Einschätzung der EU-Kommission inzwischen die rechtsstaatlichen Voraussetzungen für Beitrittsverhandlungen. Bis zum Beschluss des EU-Gipfels am 17. Dezember in Sachen Beitrittsgesprächen werde auch die letztendliche Entscheidung im Panzerdeal warten, heißt es in Ankara: Eine offizielle türkische Anfrage wegen der Panzer wird erst erwartet, wenn die Türken sicher sein können, dass Deutschland der Lieferung auch zustimmt. Streit gibt es noch über die Bedingungen der Panzerabgabe: Türken wie Deutsche wollen jeweils die eigene Rüstungsindustrie an dem Geschäft teilhaben lassen.

In Ankara wird Struck mit der türkischen Seite auch darüber sprechen können, was Ankara mit modernen Panzerverbänden vorhat. Erst letzte Woche sagte der türkische Generalstabschef Hilmi Özkök, die Türkei fühle sich von keinem Land mehr bedroht. Damit erklärte Özkök auch die Feindschaft mit Griechenland für beendet.

Der Hauptgrund dafür, dass die Türkei ihren veralteten Panzerbestand trotz verminderter Bedrohung möglichst schnell modernisieren will, liegt an der Südostgrenze des Landes: Ankara behält sich das Recht vor, im Nordirak militärisch einzugreifen. Zeitungsberichte, wonach bereits ein türkischer Plan für einen Blitz-Vorstoß in die nordirakische Ölstadt Kirkuk existiert, wurden von den Militärs zwar dementiert. Die Türkei macht aber keinen Hehl daraus, dass sie jeden Versuch der irakischen Kurden, im Nordirak einen eigenen Staat aufzubauen, als Kriegsgrund betrachten würde. Mit modernisierten Panzerverbänden würde diese Drohung noch glaubwürdiger.

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