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Politik: 50 Jahre Verfassungsschutz: "Uns stört das Geheime"

Christian Ströbele (61) ist Grünen-Abgeordneter im Bundestag und Mitglied des parlamentarischen Kontrollgremiums für die Geheimdienste.Die Grünen haben den Verfassungsschutz wiederholt kritisiert.

Christian Ströbele (61) ist Grünen-Abgeordneter im Bundestag und Mitglied des parlamentarischen Kontrollgremiums für die Geheimdienste.

Die Grünen haben den Verfassungsschutz wiederholt kritisiert. Was überwiegt für Sie - die positive Leistung oder die Pannen?

Die Pannen. Ein Geheimdienst ist mit einer offenen und demokratischen Gesellschaft nicht vereinbar. Was uns, die Grünen, stört und weswegen wir den Verfassungsschutz abschaffen wollen, ist das Geheime am Geheimdienst. Damit entziehen sich wesentliche Teile dieser Institution der Kontrolle - auch der parlamentarischen, die ohnenhin nur eine Kontrolle im Nachhinein ist.

Wer sollte Ihrer Meinung nach dann die Arbeit des Verfassungsschutzes erledigen?

Man könnte eine Institution schaffen, die Informationen aus offen zugänglichen Quellen sammelt, etwa Presse, Veranstaltungen, Flugblätter. Diese Informationen sollten ausgewertet und Politik und Journalisten zur Verfügung gestellt werden. Auf den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel und insbesondere von V-Leuten sollte eine solche Institution aber verzichten. Gerade die V-Leute arbeiten im Zwielicht. Die Geschichte aller Verfassungsschutz-Behörden ist eine Geschichte von Skandalen der V-Leute.

Welches war für Sie der größte Skandal?

Wir haben in den 80er Jahren in einem Untersuchungsausschuss klären können, dass ein CDU-Abgeordneter aus Baden-Württemberg über den Innenstaatssekretär Informationen für Wahlkampfveranstaltungen vom Verfassungsschutz zusammenstellen ließ - zum Beispiel über den Kandidaten der Grünen, Otto Schily. Ende der 60er Jahre stammten zudem die ersten Sprengsätze und Waffen in der linken Szene vom Verfassungsschutz.

Ist der Verfassungsschutz nicht wichtig im Kampf gegen den Rechtsextremismus?

Es ist bis heute so, dass der Verfassungsschutz antifaschistische und antirassistische Initiativen bis hin zur VVN beobachtet, während die intensive Überwachung der rechten Szene erst relativ jung und sehr unzulänglich ist. Da muss der Vorwurf erhoben werden, dass die Ämter über viele Jahre auf dem rechten Auge blind waren. Ich bin wegen meiner grundsätzlichen Bedenken der Letzte, der fordert, den Verfassungsschutz intensiver gegen rechts einzusetzen.

Würden Sie zusagen, wenn man Sie bitten würde, das Amt zu leiten?

Wenn man mir freie Hand geben würde, die Skandale aufzuklären und ich dem Verfassungsschutz das Geheime nehmen könnte, würde ich mir das überlegen.

Die Grünen haben den Verfassungsschutz wieder

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