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Die Hamburger haben die Wahl.

© dapd

Wahl in Hamburg: 71 Millionen Blätter für die Demokratie

Heute findet in Hamburg die vorgezogene Wahl zur Bürgerschaft statt. Das neue Wahlrecht stellt die Hamburger vor große Herausforderungen – jeder Wähler hat 20 Stimmen.

Kumulieren und Panaschieren im großen Stil – in den Umfragen zur vorgezogenen Hamburger Bürgerschaftswahl am Sonntag haben die Demoskopen immer wieder zu hören bekommen, dass die Menschen in der Hansestadt Schwierigkeiten mit dem neuen Wahlrecht haben, bei dem Stimmen angehäuft (kumuliert) und verteilt (panaschiert) werden können. Demnach könnte der Anteil an ungültigen Stimmen diesmal höher als üblich ausfallen. Statt eines Stimmzettels gibt es für die rund 1,26 Millionen Wahlberechtigten vier Stimmblöcke in unterschiedlichen Farben, auf denen insgesamt 20 Kreuze vergeben werden dürfen. Bei der letzten Wahl im Jahr 2008 waren es noch acht Stimmen weniger.

Die Hanseaten stellen sich einer Doppelwahl. Neben der Zusammensetzung der Bürgerschaft geht es auch noch um die Aufstellung von sieben Bezirksversammlungen. Für beide Parlamente können je zehn Stimmen vergeben werden – maximal je fünf als Listenvotum und je fünf für die Persönlichkeitswahl. 15 000 Wahlhelfer sind im Einsatz, und die kommen gut ins Schwitzen. Wegen der großen Stimmenanzahl, die auszuzählen ist, wird es am Wahlabend gegen Mitternacht lediglich einen Überblick über die proportionale Zusammensetzung und Mehrheitsverhältnisse der künftigen Bürgerschaft geben und eine Übersicht über die Stimmanteile der Parteien. Welche Abgeordneten dann tatsächlich die 121 Mandate wahrnehmen werden, soll definitiv erst zwei Tage nach der Wahl feststehen. Ergebnisse für die Bezirksversammlungen gibt es erst ab kommendem Mittwoch.

Insgesamt bewerben sich 1035 Kandidaten um die Sitze im Hamburger Rathaus. Für die Bürgerschaftswahl sind zwölf Parteien und eine Wählervereinigung zugelassen.

Das neue Wahlrecht geht zurück auf einen Vorstoß der Initiative „Mehr Demokratie“ aus dem Jahr 2004, mehr Einfluss auf die personelle Zusammensetzung des Parlaments geltend zu machen und die Listenplatzierungen der Parteien zurückzudrängen. Über die Parteilisten werden jetzt nur noch 50 Sitze vergeben. Die restlichen 71 Mandate ergeben sich durch die mehrheitlichen Direktvoten aus 17 Wahlkreisen.

Besonders die kleineren Parteien rechnen sich Vorteile durch das Aufteilen der Fünfer-Stimmenpakete aus, wenn die Kreuze nicht nur bei einer Partei oder den Vertretern einer Partei gesetzt werden. Je nach Zuspruch bei den Direktmandaten in den Wahlkreisen kann es gemessen am zustehenden Parteienproporz zu Überhang- und Ausgleichsmandaten kommen. Selbst wenn eine Partei an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert, kann sie bei entsprechender Beliebtheit ihres Wahlkreiskandidaten vor Ort ein Direktmandat für die Bürgerschaft erringen. Auch bei so einem Fall erhalten die Bürgerschaftsparteien einen Ausgleich, um den Proporz nicht anzutasten.

Laut Umfragen ist der SPD unter Umständen eine absolute Mehrheit zuzutrauen. Für diese Frage ist allein das Stimmheft für die Landeslisten maßgebend. Kann die Anzahl der erfolgreichen Wahlkreis-Direktkandidaten dies nicht widerspiegeln, bekommt die Partei, der die absolute Mehrheit zusteht, zusätzliche Listenmandate zugesprochen, auch wenn dann mehr als 121 Abgeordnete in der Bürgerschaft Platz nehmen.

All diese Sonderfälle sind den Wahlberechtigten in einem Informationspaket mitgeteilt worden. Erste Briefwähler haben nach eigenem Bekunden offenbar bereits ungültig abgestimmt, weil sie nicht die kompletten Stimmhefte, sondern nur einzelne Seiten daraus mit den gesetzten Kreuzen ans Wahlamt zurückgeschickt haben.

Überhaupt schlägt der Aufwand mit 71 Millionen DIN-A4-Wahlblättern für den Hamburger Etat mit annähernd 16 Millionen Euro zu Buche. Am Sonntag stehen 1284 Wahllokale zur Verfügung.

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