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Politik: 8000 Augen lesen mit

Zahlreiche Lufthansa-Mitarbeiter kennen die Bonusmeilen-Konten

Von Robert Birnbaum

„Das System der Lufthansa ist dicht“, sagt Klaus Walther. Der Chefsprecher der Fluggesellschaft ist nach Berlin gekommen, um zu untermauern, was die Lufthansa seit Tagen sagt: Woher auch immer die Listen mit Politiker-Freiflügen auf Bonus-Meilen stammen – von seiner Firma jedenfalls nicht. Das Dumme ist nur: So sicher, wie sich Walther gibt, kann er gar nicht sein. Dafür ist das angeblich so dichte System nicht nur viel zu groß. Die Lufthansa hat obendrein nach eigener Darstellung gar keine Möglichkeit, alle Leckstellen zu entdecken.

Dass das so ist, ist freilich erst auf ausgiebiges Nachfragen hin zu erfahren. Was Walther und der Leiter des Bonusmeilen-Programms, Oliver Wagner, schließlich doch offenbaren, ist ein System, dessen Dichtigkeit einzig eine Vertrauensfrage ist. Denn nicht nur in jeder Lufthansa-Filiale in jeder Kleinstadt können etliche Mitarbeiter alle Bonus-Meilenkonten einsehen, auch in den von der Lufthansa oder von Firmentöchtern betriebenen Call-Centern für die VIP-Kunden der Senator-Card in Kassel oder für normale Vielflieger in Wilhelmshaven und einigen anderen Städten ist ein Blick ins Meilenkonto möglich. Und zwar in jedes Meilen-Konto jedes Kunden, inklusive aller Kontenbewegungen, Abbuchungen, gebuchter Flüge, und das für die letzten drei Jahre.

Berechtigt dazu sind nicht nur jene speziell ausgesuchten LH-Mitarbeiter, die auch Bonus-Flüge vergeben oder die Konten sonstwie bearbeiten können. Die weiter gestreute „Read-only“, also „Nur-Lesen“-Berechtigung haben zwischen 3500 und 4000 Mitarbeiter, darunter eben auch solche in Call-Centern, in denen die Belegschaft häufig und rasch wechselt. Das Dumme wiederum an der „Read-only“-Berechtigung ist: Der reine Blick aufs Konto wird – im Gegensatz zur Buchung – vom System nicht protokolliert. „Read-only ist nicht überprüfbar“, räumt Miles-Chef Wagner schließlich ein.

Kein Wunder also, dass eine von der Lufthansa eingesetzte „Task Force“ auf keinerlei Verdachtsmomente gestoßen ist. Gleichwohl findet Walther Verdächtigungen ungerecht: Bei Banken gehe man auch davon aus, dass alle Mitarbeiter sich korrekt verhielten. Gegen kriminelles Verhalten sei niemand geschützt. Am Abend jedoch erstattete die Lufthansa Strafanzeige. Sie hatte Hinweise auf eine undichte Stelle bekommen.

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