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Politik: Ab vom rechten Weg

Die Linkspartei wirbt offen um rechtsextreme Wähler – geht das auch ohne Anbiederung an die NPD?

Von Matthias Meisner

Berlin - Der Ort war symbolträchtig. Ausgerechnet der Platz vor dem Karl-Marx-Monument in Chemnitz, wo Oskar Lafontaine im Juni vor Job-Konkurrenz durch „Fremdarbeiter“ warnte, war auch der NPD der angemessene Ort für ihren Wahlkampfauftakt in dieser Woche. Das Motto der Rechtsextremen orientierte sich am Spitzenkandidaten der Linkspartei: „Fremdarbeiter stoppen – Arbeit für Deutsche“ skandierte die NPD. Verärgert protestierte der PDS-Landtagsabgeordnete Klaus Bartl: „Karl Marx würde sich im Grabe rumdrehen.“

Der Streit liefert eine neue Vorlage für die Konkurrenten der Linkspartei. Kanzler Gerhard Schröder (SPD) nimmt sich inzwischen in seinen Wahlkundgebungen regelmäßig die „verbalen Verbindungen“ zwischen rechts und links vor, nennt es gefährlich, „wenn die so genannte Linkspartei im rechten trüben Sumpf fischt“. Doch sollen Sozialdemokraten nicht versuchen, auch Wähler von NPD oder DVU zu gewinnen? „Legitim“ sei es, sich um diese Wähler zu bemühen, sagt Bundestagspräsident Wolfgang Thierse. Der SPD-Vize fügt hinzu: „Unanständig wird es erst dann, wenn man es mit Anbiederung in Sprache und Argument tut.“

Doch wie die Parteien Leute erreichen können, die für Rechtsextremisten gestimmt haben, ist umstritten. Früher galt es als klassische Aufgabe der Union, den rechten Rand ins demokratische Spektrum zu integrieren. Toralf Staud, Autor eines Buches über die NPD („Moderne Nazis“), meint, dies gelte nicht mehr unbedingt. Gerade weil die Rechtsextremen Stichworte wie soziale Gerechtigkeit im Munde führen, sollte es auch „vornehme Aufgabe“ der SPD sein, „diese Wähler wieder demokratisch anzusprechen“, sagt er.

Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach weist darauf hin, dass viele Wähler von ganz rechts nach ganz links wechseln. Es sei deshalb „ein Irrtum“ zu glauben, Rechtsextreme seien vorrangig für die Union erreichbar. Vor allem warnt der CDU-Politiker seine Partei davor, NPD-Wähler mit rechten Parolen zu ködern. „Wir würden mehr Wähler abschrecken als anlocken.“ Das Konzept von Lafontaine kritisiert er scharf. Der Spitzenkandidat der Linkspartei würde mit Wortwahl, Gestik und Körpersprache den Rechtsextremen „signalisieren: Ich bin einer von euch“.

Vergleichsweise einfach machen es sich die Grünen. Ähnlich wie Thierse und Bosbach meint ihr Vorstandsmitglied Omid Nouripour, alle Parteien seien aufgerufen, rechtsextreme Wähler ins demokratische Spektrum zurückholen. Konkret freilich hält er die Grünen fein heraus: Die Wählerwanderungen zwischen Rechten und Grünen lägen praktisch bei null.

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