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Politik: Abgeordnete gegen neue EU-Behörde

Grundrechteagentur wird später beschlossen

Grundrechteagentur wird später beschlossen Berlin - Die Kritik aus dem Bundestag an der Einrichtung einer EU-Grundrechteagentur mit Sitz in Wien hält an. Der FDP-Obmann im Europaausschuss des Bundestages, Markus Löning, monierte am Donnerstag, dass die Bundesregierung die Bedenken des Bundestages gegen die Agentur „nicht zur Kenntnis“ nehme. Am Vortag hatte der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Reinhard Silberberg, im EU-Ausschuss Rede und Antwort zu der umstrittenen Agentur gestanden, die in den nächsten Monaten ihre Arbeit aufnehmen soll.

Ursprünglich sollte bereits zu Beginn dieses Jahres die 1998 in Wien errichtete EU-Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in eine EU-Grundrechteagentur umgewandelt werden. Die Agentur soll Daten sammeln, erfassen und analysieren, aus denen hervorgeht, ob EU-Gesetze möglicherweise Grundrechte der Unionsbürger beschneiden. Kritiker befürchten allerdings, dass die Agentur Doppelarbeit in der EU leistet. So verfügt der Europarat mit seinen 46 Mitgliedstaaten über den Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg, der ebenfalls für die Sicherung der Grundrechte zuständig ist. Bereits im vergangenen Juni hatte der Vorsitzende des EU-Ausschusses des Bundestages, Matthias Wissmann (CDU), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in einem Schreiben gebeten, „Doppelungen mit bereits existierenden Institutionen zu vermeiden“. In ihrer Antwort pflichtete die Kanzlerin Wissmann mit der Forderung bei, dass die Grundrechteagentur über „schlanke, effiziente Strukturen“ verfügen müsse. Dennoch beschlossen die EU-Justiz- und Innenminister im vergangenen Dezember, die gegenwärtige Rassismus-Beobachtungsstelle in Wien zur Grundrechteagentur aufzuwerten; dabei soll die Zahl der Mitarbeiter mittelfristig von 37 auf 100 wachsen, der Jahresetat soll von acht auf 29 Millionen Euro steigen. FDP-Obmann Löning kritisierte nun, dass sich an der Budgetplanung für die Agentur ungeachtet der Bedenken des Bundestages nichts geändert habe.

Nach Angaben von Sitzungsteilnehmern wiederholten Vertreter von CDU/CSU am Mittwoch im Ausschuss ihre Vorbehalte gegen die geplante Agentur, während SPD-Vertreter die Aufwertung der gegenwärtigen Rassismus-Beobachtungsstelle verteidigten. Die FDP-Fraktion lehnt die Agentur, deren Gründung auf eine Initiative der EU-Staats- und Regierungschefs vom Dezember 2003 zurückgeht, komplett ab. Nach einem Antrag der Grünen soll sich der Bundestag hingegen dafür aussprechen, zusätzlich die Polizei- und Justizzusammenarbeit in der Europäischen Union von der Grundrechteagentur beleuchten zu lassen. „Die große Mehrheit der EU-Länder und das Europaparlament will die Agentur“, sagte Grünen-Obmann Rainder Steenblock dem Tagesspiegel zur Begründung. Indes wird es noch etwas dauern, bis in der Wiener Rassismus-Beobachtungsstelle die Sektkorken angesichts der zu erwartenden Aufwertung knallen: Die endgültige Entscheidung auf EU-Ebene wurde vom 22. Januar auf den 15. Februar verschoben.

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