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Update

Abschiebezentren: Europarat erhebt Foltervorwürfe gegen Polizei in Griechenland

Das Antifolterkomitee des Europarates beschuldigt Griechenland in seinem neuesten Bericht der Folter. Im Polizeigewahrsam kommt es zu brutalen Übergriffen. In den Abschiebezentren für illegale Flüchtlinge sollen unzumutbare Verhältnisse herrschen.

Fausthiebe, Fußtritte, Stockschläge und Vergewaltigungsdrohungen: Im Polizeigewahrsam in Griechenland kommt es nach Angaben des Antifolterkomitees des Europarates zu brutalen Übergriffen auf Festgenommene. Einige Praktiken grenzten an Folter, heißt es im jüngsten, am Mittwoch in Straßburg vorgelegten Bericht der Menschenrechtsexperten. In Thessaloniki sei einem Mann eine Plastiktüte über den Kopf gestülpt worden - und die Beamten hätten gedroht, ihn zu vergewaltigen. Auch in Gefängnissen und Abschiebezentren herrschten teils katastrophale Zustände. Die Regierung in Athen wies die Beschuldigungen über schwere Misshandlungen zurück.

Die Abschiebezentren seien überfüllt, die Flüchtlinge könnten sich kaum waschen, hätten keine Seife und nicht einmal Toilettenpapier, kritisierten die Experten. Als ein Negativ-Beispiel nannten die Autoren das Abschiebezentrum am Athener Flughafen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat deshalb kürzlich an Länder wie Österreich, die Niederlande und Großbritannien appelliert, bis auf weiteres keine Flüchtlinge mehr nach Griechenland zurückzuschicken. In einer rund 70-seitigen Stellungnahme kündigte die griechische Regierung an, das System der Abschiebezentren werde demnächst geändert. Auf die konkreten Bedingungen in den Einrichtungen wird indes kaum eingegangen.

Die Straßburger Menschenrechtsexperten beklagten ihrerseits, dass Griechenland die Ermahnungen, die nicht zum ersten Mal geäußert wurden, größtenteils ignoriert habe. „Trotz einer überwältigenden Beweislage haben die griechischen Behörden bislang hartnäckig geleugnet, dass Misshandlungen ein schweres Problem sind“, heißt es in dem Bericht. Das Antifolterkomitee erhalte immer wieder Beschwerden, wonach die Staatsanwaltschaft oder Gerichte Klagen über Misshandlungen durch Polizisten ohne Ermittlungen abwiesen.

Als „menschenunwürdig“ beschrieb das Komitee die Lage im Gefängnis in Amfissa, 200 Kilometer nordwestlich von Athen: wegen Überfüllung, unzureichender und verseuchter Schlafplätze, Personalmangels und fehlender ärztlicher Versorgung. Überbelegung sei allerdings nicht nur ein Problem in Griechenland. Laut Regierung sind drei neue Haftanstalten mit einer Aufnahmekapazität von 2500 Plätzen im Bau. Zudem seien alle Polizeidienste angewiesen worden, die Verpflichtungen der Menschenrechtskonvention zu beachten.

Das Antifolterkomitee überprüft regelmäßig die Haftbedingungen in den 47 Europaratsländern. Ärzte und Menschenrechtsexperten des Komitees hatten im September 2009 griechische Polizeidienststellen, Haftanstalten und Abschiebezentren kontrolliert. (dpa)

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