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US-Präsident Donald Trump.

© Reuters

Rücknahme von "Obamacare": Trump riskiert schweren Rückschlag

US-Präsident Donald Trump will, dass die Republikaner schon heute über "Obamacare" abstimmen. Aber hat er überhaupt die erforderlichen Stimmen zusammen? Eine Analyse.

Blinder Eifer schadet nur. In Donald Trumps Fall kann er in einer Kettenreaktion sogar seine ganze Reformagenda gefährden: erst seine Gesundheitsreform und in der Folge dann auch die Steuerreform und die Reform des Migrationsrechts. Wie ein Spieler drängt Trump darauf, dass die Republikaner bereits am Donnerstagabend im Repräsentantenhaus über den Gesetzesentwurf zur Rücknahme von "Obamacare" abstimmen. Dabei hat er die nötigen Stimmen nicht sicher. Es wäre ein schwerer Rückschlag, wenn er gleich bei seinem ersten Gesetzgebungsprojekt nicht die erforderlichen Stimmen im Repräsentantenhaus zusammen hat. 

Umgekehrt wäre es auch ein Gesichtsverlust, wenn die Führung der republikanischen Fraktion um Speaker Paul Ryan die Abstimmung verschieben muss, um die Niederlage zu vermeiden. Einen Großteil des Mittwoch und des Donnerstag verbrachte der Präsident damit, Druck auf widerspenstige Konservative auszuüben.

Das zentrale Wahlversprechen steht auf dem Spiel

In den sieben Jahren, seit Obama seine Gesundheitsreform verabschiedet hat mit dem Ziel, nahezu allen US-Bürgern eine Krankenversicherung zu geben, haben die Republikaner alle Wahlkämpfe mit dem Versprechen geführt, "Obamacare" wieder abzuschaffen. Sie sagen, dass die Versicherungspflicht unamerikanisch sei. Freiwillige Versicherung ja, vom Staat verordnete Versicherung nein.

Außerdem habe "Obamacare" dazu beigetragen, dass die Versicherungsprämien rasch steigen. Nun sei die Gelegenheit da, diese "Katastrophe" rückgängig zu machen, sagt Trump. Und die dürften die Republikaner nicht verpassen. Doch die Widerspenstigen beugen sich nicht einfach so. Trumps Problem dabei ist: Wenn er dem rechten Flügel in der Fraktion Zugeständnisse macht, um die Abgeordneten zu gewinnen, riskiert er, Zentristen zu verlieren - und umgekehrt.

Widerstand von zwei Seiten

Der Widerstand kommt von zwei Seiten. Der so genannte "Freedom Caucus" möchte eine viel weitergehende Abkehr von Obamas Gesetz. Der Katalog, welche Gesundheitsrisiken nach den Gesetzesvorgaben versichert werden müssen, solle drastisch beschnitten werden. Denn sonst gebe es keine Aussicht, dass die Prämien nicht weiter rasant steigen. Wenn das nicht geschehe, würden 24 Mitglieder dieser Gruppe mit Nein stimmen - mehr als Trump sich erlauben kann.

Auf deren Bedingung eingehen kann er aber auch nicht. Denn dann gerät die Konstruktion dieser Reform der Reform ins Wanken. Die muss nämlich berücksichtigen, dass die Republikaner im Senat nur über 52 von 100 Stimmen verfügen, nicht aber über die 60 Stimmen, die nötig wären, um die "Filibuster" genannte Blockade der Demokraten gegen ein komplett neues Gesetz zu überstimmen. 

Der Senat ist der größere Stolperstein

Mit einem Geschäftsordnungstrick namens "Budget Reconciliation" wollen die Republikaner die Korrektur von "Obamacare" durch den Senat bringen. Doch das begrenzt ihre Optionen, was sie überhaupt ändern dürfen. Würden sie die Forderungen des "Freedom Caucus" nach umfassender Rückabwicklung erfüllen, wäre das ein neues Gesetz und nicht nur die Korrektur eines bestehenden Gesetzes. Dafür fehlen den Republikanern die Stimmen.

Hinzu kommt das Risiko: Je durchgreifender die Reform, desto größer das Risiko, dass moderate Republikaner dagegen stimmen. Die wissen, dass ihre Wähler einige Elemente von "Obamacare" gut finden und nicht wieder verlieren wollen: die Abschaffung der "Preexisting Condition" und des "Lifetime Maximum" - zwei Klauseln, die die Leistungspflicht von Versicherungen begrenzten. Auch die Mitversicherung von Kindern in Ausbildung bis 26 Jahre ist populär. Und ebenso die Obama-Vorgabe, dass jene armen Amerikaner, die keine Versicherung abschließen können, von "Medicaid" aufgefangen werden, einer Basisversorgung in den Einzelstaaten, wofür diese Einzelstaaten Milliarden-Zuweisungen aus der Bundeskasse erhalten.

Trump fordert: Augen zu und durch!

Die Gegner des vorgelegten Reformansatzes in der Republikanischen Partei fordern: Lasst uns nochmal ganz von vorne anfangen und eine durchdachte Reform ausarbeiten. Trump erklärt die Abstimmung heute zur Machtfrage und verlangt: Augen zu und durch. Wer nicht mitmache, an dem werde er sich persönlich rächen und daran arbeiten, dass solche Republikaner bei der Kongresswahl 2018 auf Gegenkandidaten treffen, die ihre Wiederwahl gefährden.

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