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Politik: Absturz eines Talents

Gericht in Tel Aviv spricht Israels Ex-Justizminister Ramon wegen sexueller Belästigung schuldig

Der frühere israelische Justizminister Chaim Ramon ist am Mittwoch von einem Gericht in Tel Aviv wegen sexueller Belästigung schuldig gesprochen worden. Seine Rückkehr in die Regierung ist daher unmöglich; Ministerpräsident Ehud Olmert wird das Kabinett nächste Woche umbilden.

Ramon, der bis zum vergangenen August Justizminister und engster Vertrauter von Ministerpräsident Olmert gewesen war, wurde von zwei Richterinnen und einem Richter einstimmig der sexuellen Belästigung einer jungen Soldatin für schuldig befunden. Er hatte dieser in der Kanzlei des Ministerpräsidenten im letzten Sommer – ausgerechnet am ersten Tag des Libanonkrieges – einen Zungenkuss gegeben.

Das Gericht befand nun, dies sei gegen den Willen der Soldatin geschehen. Ex- Justizminister Ramon hatte hingegen behauptet, die 19-Jährige habe zuvor heftig mit ihm geflirtet – und deshalb sei er von ihrer Zustimmung ausgegangen. Doch die Richter erklärten die Version des Opfers über den Tathergang als absolut glaubwürdig, während Ramon gelogen habe. Das Strafmaß – die Höchststrafe sind drei Jahre Haft – wird zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben.

Ramon war jahrzehntelang als großes politisches Talent gehandelt worden, aber auch ständiger Gast in den Klatschkolumnen, abgebildet meist in außergewöhnlich hübscher weiblicher Begleitung. Er war für die Arbeitspartei Gesundheits- und Innenminister sowie oberster Gewerkschaftsboss gewesen und gilt als eigentlicher Erfinder des sogenannten „Urknalls“ in der Politik, nämlich der Gründung der regierenden Kadima-Partei.

Olmert, der mit Ramon unmittelbar nach der Urteilsverkündung telefonierte, äußerte in einer Erklärung sein „tiefes Bedauern“ über die Verurteilung „seines Freundes“. Er hoffte auf einen Freispruch und die sofortige Rückkehr Ramons ins Justizministerium, das in der Zwischenzeit von Außenministerin Zippi Livni geleitet wird. Schon nächste Woche wird Olmert mit einer große Regierungsumbildung versuchen, das ramponierte Ansehen seines Kabinetts wieder zu verbessern.

An diesem Donnerstag steht Olmert allerdings eine noch schwierigere Aufgabe bevor: Der Regierungschef muss vor einem Untersuchungsausschuss seine Rolle im Libanonkrieg während des vergangenen Sommers erklären. Längst wird Olmert sowie Verteidigungsminister Amir Peretz und dem kürzlich zurückgetretenen Generalstabschef Dan Halutz von der breiten Öffentlichkeit die Schuld am Misserfolg in dem Krieg gegeben.

Unterdessen tauschten die rivalisierenden Palästinensergruppen Hamas und Fatah nach der Vereinbarung einer Waffenruhe alle ihre Geiseln aus. Im Gazastreifen seien mehr als 20 Entführte auf freien Fuß gesetzt worden, verlautete am Mittwoch aus palästinensischen Polizeikreisen. Hamas und Fatah hatten während ihrer blutigen Auseinandersetzungen in den vergangenen Wochen immer wieder Kämpfer der jeweils anderen Seite entführt. Dem Geiselaustausch war am Dienstagabend ein Treffen hochrangiger Vertreter der verfeindeten Gruppen in Gaza vorausgegangen. In der Nähe des Hauptquartiers eines palästinensischen Geheimdienstes in Gaza gab es derweil erneut Schießereien, nachdem Unbekannte mehrere Panzerfäuste auf das Gebäude gefeuert hatten. Im Norden des Gazastreifens wurde einem Fatah-Mann in die Beine geschossen. Insgesamt beruhigte sich die Lage aber deutlich. mit dpa

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