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Politik: Ärzte: Politiker müssen sich heraushalten In Deutschland ist die Gesetzeslage klarer – bisher

Berlin - Frank Ulrich Montgomery ist sich sicher. Ein vergleichbares Gezerre um Tod oder Weiterleben wie im Fall der amerikanischen Wachkoma-Patientin Terri Schiavo könne es in Deutschland „dank unserer Gesetzeslage und Rechtsprechung“ nicht geben, sagt der Chef des Klinikärzteverbands Marburger Bund.

Berlin - Frank Ulrich Montgomery ist sich sicher. Ein vergleichbares Gezerre um Tod oder Weiterleben wie im Fall der amerikanischen Wachkoma-Patientin Terri Schiavo könne es in Deutschland „dank unserer Gesetzeslage und Rechtsprechung“ nicht geben, sagt der Chef des Klinikärzteverbands Marburger Bund. Es sei unvorstellbar, dass man hierzulande einen Wachkoma-Patienten durch Entzug der Magensonde verhungern lasse. Debatten gebe es höchstens im Vorfeld – „ darüber, ob man solche Sonden anlegt.“

Doch Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) war drauf und dran, ebendiese Gesetzeslage zu ändern. Wäre ihr jüngster Entwurf Wirklichkeit geworden, wäre ein Behandlungsabbruch auch bei nicht irreversibel tödlich verlaufender Krankheit möglich. Und ohne Patientenverfügung wäre nur noch der „mutmaßliche Wille“ des Kranken Kriterium gewesen. Den hätten dann allein Arzt und Betreuer definieren können, kritisiert der CDU-Politiker Hubert Hüppe. Bisher gilt, dass Angehörige von Koma-Patienten das Plazet des Vormundschaftsgerichts brauchen, um lebensverlängernde Maßnahmen zu beenden – selbst wenn es eine entsprechende Patientenverfügung gibt. Und: Die Ernährung darf nur abgebrochen werden, wenn die Krankheit einen irreversibel tödlichen Verlauf genommen hat – was bei Koma-Patienten gewöhnlich nicht der Fall ist.

Zypries hat wegen des Widerstands erst mal zurückgezogen – und die Debatte dort führen lassen, wo sie hingehört: im Parlament. Dort wollen Lebensschützer wie Hüppe nicht nur die Sache mit dem „mutmaßlichen Willen“ wegbekommen, sondern den Behandlungsabbruch bei Wachkoma-Patienten generell ausschließen lassen. Die Gegenposition nehmen Liberale und Teile der SPD ein. „Therapiewünsche, Therapiebegrenzungen und Therapieverbote müssen für jede Krankheitsphase vom Patienten, nicht aber von Dritten, verfügt werden können“, sagt Michael Kauch (FDP).

Wachkoma-Patienten seien „Lebende, keine Hirntoten oder lebende Tote“, argumentiert Hüppe. Die Schwere einer Behinderung könne nicht ausschlaggebend dafür sein, jemanden verhungern zu lassen. Sonst seien „große Gruppen schwerbehinderter Menschen konkret gefährdet“. Auch CDU-Chefin Angela Merkel stellte kürzlich klar, dass man Wachkoma-Patienten keinesfalls „verhungern oder verdursten“ lassen dürfe. Sie sei „erschüttert“ über die Pläne von Zypries und die darin enthaltene Gefährdung dieser Menschen.

Auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken warnte davor, die Reichweite von Verfügungen auf Wachkoma oder Demenz auszudehnen. Differenzierter gibt sich die Evangelische Kirche. Falls Menschen für eine solche Situation den Behandlungsabbruch verfügten, müsse dies anerkannt werden, sagte der EKD- Vorsitzende, Bischof Wolfgang Huber, zum Fall Schiavo. Allerdings sei in der EKD umstritten, ob künstliche Ernährung als Therapie oder als nicht zu verweigernde Grundversorgung anzusehen ist.

Kritik übte Huber am Eingreifen des US-Präsidenten. „Ein menschliches Einzelschicksal mit einem Gesetz zu besiegeln, ist unserer Rechtskultur fremd.“ Montgomery wird noch deutlicher. Politiker „mit ihren Profilierungs- und Gesichtswahrungsintentionen“ müssten sich aus „Fällen, bei denen es um individuelles Leben geht, unbedingt heraushalten“.

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