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Ärzte-Proteste: Tausende Praxen geschlossen

Mit scharfer Kritik an der Gesundheitspolitik der Bundesregierung sind tausende niedergelassene Ärzte in Deutschland in ihren dritten nationalen Aktionstag gestartet.

Berlin - Die Vertreter von acht Ärzteorganisationien kritisierten am Freitag in Berlin "untragbare Arbeitsbedingungen". Die Bundesärztekammer forderte ein Ende der Budgetierung und weniger Bürokratie im Gesundheitswesen. Zahlreiche Arztpraxen in Deutschland blieben geschlossen. Gegen Mittag versammelten sich in Berlin nach Polizeiangaben rund 4000 Hausärzte aus ganz Deutschland zu einer Protestaktion. Demonstrationen waren auch in Köln und Stuttgart geplant.

Der Vizepräsident der Bundesärztekammer, Andreas Crusius, drohte mit weiteren Protestaktionen. So könnten Praxen wochenweise geschlossen werden. Die Gesundheitsversorgung in Deutschland sei in Gefahr, fügte er hinzu. Die Ärzte seien nicht mehr bereit, "die Unterfinanzierung des Gesundheitswesens durch unbezahlte Mehrheit zu kompensieren". Der Hartmannbund kritisierte, dass der großen Koalition der Mut und der Wille fehle, "die großen Probleme anzupacken".

In Nordrhein-Westfalen blieb den Angaben der Ärzteverbände zufolge etwa jede zweite Praxis geschlossen, in Rheinland-Pfalz waren es bis zu 70 Prozent. Die Ärzteverbände fordern unter anderem ihre Einbeziehung in die Reformgespräche zur Gesundheitsreform.

Der Präsident der Ärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, griff die große Koalition in der "Ärzte Zeitung" massiv an: "Statt struktureller Verbesserungen führt der Weg weiter in Richtung Rationierung, Einheitsmedizin und Misstrauenskultur." Es gebe ein "neues Wir-Gefühl einer starken Ärzte-Allianz". Die Politik habe unter anderem durch die beschlossene Streichung des Bundeszuschusses an die gesetzliche Krankenversicherung massive Finanzprobleme verursacht, mache dafür aber Ärzte und Kliniken verantwortlich.

Die Krankenkassen hatten Ärztefunktionären dagegen Angstmache vorgeworfen. Sie appellierten an die Ärzte, das Gesundheitswesen in Deutschland nicht weiter schlecht zu reden und Patienten nicht länger zu verunsichern. Nach Angaben der Kassenverbände stieg die Zahl der niedergelassenen Ärzte von 1993 bis 2005 um 20,8 Prozent. Deshalb sei der Anstieg der Ausgaben für Arzthonorare in dieser Zeit um 20,5 Prozent insgesamt nicht in hohem Maß dem einzelnen Arzt zugute gekommen.

Eine grundlegend neue Vergütung der Vertragsärzte ist zentrales Element bei den Geheimverhandlungen der Koalition über die geplante Gesundheitsreform. Parallel dazu entwickelt derzeit eine vom Gesundheitsministerium eingeladene Expertengruppe Vorschläge für Abbau von Bürokratie in den Praxen. (tso/dpa)

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