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Bernd Lucke, Chef der Alternative für Deutschland, AfD,  bei der Landtagswahl 2014 in Sachsen.

© dpa

AfD - Sachsen ist der Anfang: Angela Merkel und Sigmar Gabriel machen Bernd Lucke groß

Die AfD hat es aus dem Stand in Sachsen in den Landtag geschafft - auch ohne Euro-Krise. Erfolg hat sie besonders bei Wählern, die das Ende des politischen Wettbewerbs zwischen CDU und SPD durch die Große Koalition beunruhigt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Fabian Leber

Wie umgehen mit der AfD? CDU und SPD haben es mit Ignorieren versucht. Grüne und Linke verteufeln sie. Die FDP beharrt darauf, mit dem Wahlerfolg der "Alternative für Deutschland" nichts zu tun zu haben. Geholfen hat alles nichts.

Es wäre zu früh, die AfD schon jetzt zur neuen Konstante der Bundespolitik hoch zuschreiben. Dafür ist die Situation in Sachsen zu speziell. Nicht überall können die Euro-Kritiker mit einer so geschmeidigen Spitzenkandidatin wie Frauke Petry aufwarten. Nicht überall auch ist das Parteiensystem so sehr ins Konservative verschoben wie in Sachsen.

Doch mit knapp zehn Prozent hatte selbst die Partei intern nicht gerechnet. Der Einzug in die Landtage von Brandenburg und Thüringen in zwei Wochen gilt dort nun als ausgemacht. In der AfD ist man selbst davon überrascht, dass es gar keine Euro-Krise mehr braucht, um die Partei nach oben zu spülen. Tatsächlich muss die AfD wenig dafür tun, um gewählt zu werden. Es genügt offenbar, wenn sie nicht im totalen Chaos versinkt, das Personal halbwegs integer ist, und Probleme angesprochen werden, ohne gleichzeitig schlüssige Lösungen dafür zu präsentieren.

Das alles zeigt, dass es nicht in erster Linie an der AfD liegt, ob sie überleben wird. Die Hoffnung der politischen Konkurrenz, die Lucke-Truppe werde sich schon selbst zerlegen, ähnlich wie die Piraten, könnte vergeblich sein. Dazu ist die Partei im Kern zu diszipliniert, zu sehr auch von oben geführt und am Ende am gemeinsamen Erfolg interessiert. Anders als bei den Piraten haben viele Funktionäre der AfD zum Teil jahrzehntelange politische Erfahrung, meist in der Union und der FDP. Und sie haben kein Problem damit, prägnante politische Persönlichkeiten zu akzeptieren, wie Hans-Olaf Henkel, Bernd Lucke oder die nun auch in der Bundes-AfD wichtiger werdende Frauke Petry.

Am Ende hängt das Überleben der AfD vermutlich vor allem von der Frage ab, ob Deutschland ein Sonderfall in Europa bleiben wird – und auch in Zukunft keine Bedürfnis nach einer rechtskonservative Partei neben der Christdemokratie besteht. Ober ob sich die Fragmentierung des Parteiensystems nach der linken auch auf der rechten Seite des Parteienspektrums fortsetzt.

Was Angela Merkel und Sigmar Gabriel nicht erkannt haben

Als Union und SPD im vergangenen Herbst die große Koalition besiegelten, da wirkte es so, als seien beide Seiten erleichtert über die zukünftige Zusammenarbeit. Weil sie beiden Volksparteien die Macht sichert. Und das Regieren so scheinbar einfach scheint.

Was aber offenbar weder Angela Merkel noch Sigmar Gabriel erkannt haben: Selbst wenn eine überwältigende Mehrheit der Deutschen die große Koalition gut findet, dann bleibt doch ein nicht allzu kleiner Teil der Bevölkerung, auf den die weitgehende Ausschaltung des politischen Wettbewerbs merkwürdig wirkt. Der misstrauisch wird. Der sich bestätigt fühlt in dem Glauben, dass die politischen Eliten vieles unter sich ausmachen.

Mit der AfD hat dieses Gefühl einen politischen Ausdruck gefunden. Ausgerechnet die sich als ideologiefrei gebende "Partei des gesunden Menschenverstands" könnte also eine Folge davon sein, dass es kaum noch wirklichen politischen Widerstreit gibt in der deutschen Politik. Dass oft nicht einmal mehr zumindest der Eindruck erweckt wird, dass Politik auch der Kampf um die bessere Idee ist. Von der letzten großen Koalition zwischen 2005 und 2009 profitierte vor allem die FDP. Für sie war es der Anfang eines Abstiegs. Für die AfD könnte sie der Beginn eines Aufstiegs sein.

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