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Update

Affäre um den Bundespräsidenten: Merkel fordert Transparenz von Wulff

Angela Merkel hat von Christian Wulff Transparenz und die Klärung von offenen Fragen eingefordert. Die Anwälte Wulffs lehnen die Veröffentlichung der Fragen und Antworten zur Kreditaffäre erneut ab - mit Verweis auf Journalisten-Rechte.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Christian Wulff nach neuerlichen Vorwürfen zu Transparenz in der Kredit- und Medienaffäre aufgefordert. Sie sei sich sicher, dass Wulff auch neue Fragen beantworten werde, sagte Merkel. "Was zählt für die Bundeskanzlerin ist der Grundsatz, dass Fragen beantwortet werden, dass Auskünfte und Informationen durch den Bundespräsidenten erteilt werden“, sagte Merkels Sprecher Steffen Seibert. In welcher Weise diese Beantwortung vorgenommen werde, ob nur gegenüber den anfragenden Journalisten oder im Netz für die gesamte Öffentlichkeit einzusehen, habe er nicht zu beurteilen, sagte Seibert. Merkel will am Donnerstag mit Wulff bei dessen Neujahrsempfang im Schloss Bellevue zusammenkommen. Ob es dabei auch ein Vier-Augen-Gespräch der beiden geben wird, sagte Seibert nicht. Merkel selbst erneuerte ihre Unterstützung für Wulff: "Ich wiederhole gerne noch einmal, dass ich die Arbeit des Bundespräsidenten schätze", sagte Merkel am Mittwoch.

Der Anwalt von Bundespräsident Christian Wulff lehnt eine Veröffentlichung der Fragen und Antworten zu der Kredit- und Medienaffäre des Staatsoberhauptes weiter ab. In einer am Mittwoch vorgelegten Stellungnahme von Rechtsanwalt Gernot Lehr heißt es: "Eine Veröffentlichung der an uns gestellten Journalistenfragen würde das Recht der jeweils anfragenden Journalistinnen und Journalisten am eigenen Wort und an dem Schutz ihrer Rechercheergebnisse- oder ziele verletzen. Wir bitten deshalb um Verständnis dafür, dass wir aus Rechtsgründen daran gehindert sind, den Schriftverkehr mit den Medienvertretern zu veröffentlichen."

Die Nichtveröffentlichung von Fragen und Antworten zur Kredit- und Medienaffäre des Bundespräsidenten stößt auch bei der Unions-Fraktion auf Unverständnis. Der Parlamentarische Geschäftsführer Peter Altmaier (CDU), kritisierte im "Hamburger Abendblatt" das Verhalten der Anwälte Christian Wulffs. "Ich hielte es für unglücklich, wenn der Eindruck entstünde, dass die Anwälte des Bundespräsidenten jetzt hinter dem zurückbleiben, was er selbst in einem Fernsehinterview angekündigt hat", sagte Altmaier der Zeitung. Über den Kurznachrichtendienst Twitter legt Altmaier noch einmal nach: "Wünsche mir, dass Christian seine Anwälte an die Leine legt und die Fragen/Antworten ins Netz stellt."

Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) empfahl dem Bundespräsidenten, mit inhaltlichen Beiträgen in die Offensive zu kommen. "Er hat die Macht des Wortes und kann mit eigenen Beiträgen wichtige Themen entscheidend mitprägen", sagte Oettinger der Zeitung. "Darin sehe ich jetzt eine große Chance für Christian Wulff." Auch in der FDP ist man nicht zufrieden, wie Wulff mit dieser Affäre umgeht. Bundesvorstandsmitglied Wolfgang Kubicki sagte, er sei "erschüttert über die mangelnde Professionalität des Krisenmanagements". SPD-Chef Sigmar Gabriel fürchtet, dass die Politik insgesamt unter der Affäre Wulff leidet. Auf seiner Facebook-Seite schreibt er: "Anders als in seinem Fernsehinterview angekündigt will der Bundespräsident nun doch nicht alle Fragen und Antworten zu seiner Affäre ins Internet stellen. Ich halte das für einen schweren Fehler – denn es war der Bundespräsident selbst, der absolute Transparenz versprochen hat. Man bekommt den Eindruck, dass er die Affäre schlicht auszusitzen will und auf die Vergesslichkeit der Menschen hofft. Ich fürchte, dass dies ein weiterer Schritt dazu ist, dass die Politik noch mehr in Verruf gerät als sie es bislang schon sind. Dass ist das bittere Ergebnis dieser Affäre Wulff."

Wie Bürger gegen den Bundespräsidenten demonstrieren, sehen Sie hier:

Derweil gibt es neue Vorwürfe gegen Wulff. "Spiegel Online" berichtet von einem weiteren Fall von Zuwendungen eines wohlhabenden Freundes, von der Wulff profitiert haben soll. Dem am Dienstag veröffentlichten Bericht zufolge zahlte der mit Wulff befreundete Filmproduzent David Groenewold 2005 dem Autor eines im Jahr darauf erschienenen, wohlwollenden Buches über Wulff gut 10.000 Euro Honorar. Allerdings gab es unterschiedliche Angaben dazu, wofür das Geld genau bestimmt war. Damals setzte sich Wulff als niedersächsischer Ministerpräsident auch für die Interessen der Filmbranche ein. Konkret geht es laut „Spiegel Online“ um das Buch „Christian Wulff - Deutschland kommt voran“. Der Band beruht demnach auf mehreren Interviews, die der Publizist und früherer CDU-Sprecher Karl Hugo Pruys mit dem CDU-Politiker führte. „Groenewold unterstützte mich damals mit rund 10.000 Euro“, wurde Pruys von „Spiegel Online“ zitiert. Weiter habe der Autor gesagt, das Geld habe das Buchprojekt damals vor dem Scheitern bewahrt. Bei späteren Anfragen berief sich Pruys demnach jedoch auf Erinnerungslücken. Auch habe er dann darauf hingewiesen, es sei bei dem Geld nicht um die Buchfinanzierung gegangen, sondern um Honorare für Kommunikations-Beratungen, die er Groenewold angeboten habe. Ein Anwalt Pruys sprach laut „Spiegel Online“ später von vier Rechnungen über je 2500 Euro plus Mehrwertsteuer für die Überarbeitung von Unternehmensbroschüren sowie für Beratungen als „Rhetorik-Coach“. Groenewold war in dieser Zeit laut „Spiegel Online“ auch offiziell als CDU-Parteispender in Erscheinung getreten. Inzwischen hat sich ein Anwalt Pruys mit einem Schreiben an deutsche Redaktionen gewandt. Darin betont er, sein Mandant sei er "ausschließlich auf Grundlage eines mit dem Verlag geschlossenen Autorenvertrags vergütet worden". Von Dritten sei er nicht bezahlt worden.

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Laut "Stern" wiederum hat Bundespräsident Christian Wulff sich mit seinen Aussagen zu einem kostenlosen Urlaubsaufenthalt im Jahr 2008 erneut in Widersprüche verwickelt. Anders als von ihm im Fernsehinterview von vergangener Woche dargestellt, hätten er und seine Frau Bettina die „Villa Lupo“ des Versicherungsmanagers Wolf-Dieter Baumgartl im italienischen Castglioncello zumindest zeitweise für sich gehabt und seien vom Hauspersonal umsorgt worden, berichtete das Nachrichtenmagazin „Stern“ am Mittwoch unter Berufung auf Angaben von Wulffs Anwälten. Die Eheleute Baumgartl seien „während des Aufenthalts der Eheleute Wulff“ nur „teilweise anwesend“ gewesen, räumten Wulffs Anwälte gegenüber dem „Stern“ ein. Das Hauspersonal der Villa habe zudem „einige Dienstleistungen für das Ehepaar Wulff erbracht“. Wulffs Darstellung in dem Interview am vergangenen Mittwoch passe damit „nicht vollständig zu den Fakten“, heißt es im „Stern“. Wulff hatte davon gesprochen, er und seine Frau seien in Italien bei Freunden zu Gast gewesen, um „mit den Freunden zusammen zu kochen, zu frühstücken, im Gästezimmer zu schlafen“. Baumgartl war Vorstandschef und ist seit Mitte 2006 Aufsichtsratschef des Hannoveraner Versicherungskonzerns Talanx. Wulff hatte sich als niedersächsischer Ministerpräsident für Hannover als Standort stark gemacht.

(dapd/AFP)

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