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Afghanistan: Botschafter besucht inhaftierten Deutschen

Der deutsche Botschafter und ein BND-Mitarbeiter berichten, sie hätten den Deutschen Gholam Z., der auf einem US-Stützpunkt in Afghanistan gefangen gehalten wird, gesehen. Der Mann habe einen verwirrten Eindruck gemacht.

Gholam Z. war Anfang Januar zu Besuch bei seiner Familie in Kabul, als er von der Möglichkeit hörte, in einem Supermarkt auf dem Gelände eines US-Militärcamps westliche Waren kaufen zu können. Das berichtet der "Spiegel". Die Entscheidung des Frührentners aus Wuppertal für den Einkaufsbummel war folgenschwer: Seitdem wird der Deutsche afghanischer Herkunft auf dem US-Stützpunkt in Kabul gefangen gehalten. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts bestätigte am Samstag den Bericht. Offiziell wird dem 41-Jährigen vorgeworfen, sich unerlaubt auf dem Stützpunkt aufgehalten zu haben.

Hans-Ulrich Seidt, Botschafter in Afghanistan, durfte den Mann vor wenigen Wochen zusammen mit einem Vertreter des Bundesnachrichtendiensts (BND) in der Haft besuchen. Er soll dabei einen verwirrten Eindruck hinterlassen haben. Nachdem sich die Amerikaner zunächst mit dem Hinweis auf eine mögliche Terror-Verbindung des Mannes geweigert hatten, deutschen Behörden Zugang zu ihm zu gewähren, heißt es nun, seine Freilassung sei nun nur noch "eine Frage von Zeit und Verhandlungen".

Angst vor einem neuen Fall Kurnaz

Die größte Angst der deutschen Regierung wäre ein neuer Fall Kurnaz. Der heute 26-Jährige hatte viereinhalb Jahre unschuldig in Gefängnissen verbracht. Zeitweise auch in Guantanamo. Obwohl die Beweise fehlten, Kurnaz als Terrorist zu identifizieren, durfte der Mann erst im Sommer 2006 nach Deutschland zurückkehren. Zwei Untersuchungsausschüsse zu dem Fall brachten auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) unter Druck.

Der bemüht sich jetzt dementsprechend vorbildich um die Freilassung von Gholam Z. Er habe in dieser Angelegenheit mit seiner US-Kollegin Condoleezza Rice telefoniert, heißt es im Auswärtigen Amt.

Denn laut "Spiegel" wurde Gholam Z. auch von Beamten des Bundesnachrichtendienstes im Gefängnis von Bagram befragt. Das Bundesamt für Verfassungsschutz habe zudem seine Lebensumstände in Deutschland überprüft. "Das war alles total sauber", zitierte der "Spiegel" einen hochrangigen Sicherheitsexperten.
  
Ströbele fordert Klarheit
  
Grünen-Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele forderte die US-Armee auf, Z. sofort freizulassen. "Die Bundesregierung darf sich nicht erneut und länger von den amerikanischen Behörden vorführen lassen", erklärte Ströbele in Berlin. Im Parlament erwarte er "einen sofortigen und umfassenden Bericht über die Umstände der Festnahme, die Intensität der Bemühungen deutscher Behörden um seine Freilassung und die Mitwirkung der Geheimdienste in dieser Angelegenheit".
  
Zum Fall Kurnaz hieß es im "Spiegel", das Bundesverteidigungsministerium versuche, eine Veröffentlichung von Teilen des Abschlussberichts des Verteidigungsausschusses des Bundestages dazu zu verhindern. Dabei gehe es um Vorwürfe des Alkoholmissbrauchs gegen führende Offiziere der Bundeswehr-Eliteeinheit KSK sowie um Aussagen von Zeugen, die US-Militärs umstrittene Verhörmethoden vorwarfen und deren Einrichtungen mit Konzentrationslagern verglichen. (mpr/AFP/dpa)
  

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