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Afghanistan-Mandat: Horst Köhler: Es war nicht so gemeint

Der Bundespräsident drückt sich in einem Interview "etwas missverständlich" in Sachen Bundeswehrmandat in Afghanistan aus - und rudert nun zurück.

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Erneut zieht Bundespräsident Horst Köhler Kritik aus den Parteien auf sich. Diesmal nicht, weil er sich – wie im Frühjahr – trotz Finanzkrise, Koalitionsstreit und Missbrauchsdebatte monatelang überhaupt nicht zu Wort meldet, sondern weil er ein missverständliches Interview zu den Grundlagen des Einsatzes deutscher Soldaten in Afghanistan gab.

Köhler hatte am Samstag überraschend Afghanistan besucht und den Bundeswehreinsatz auch mit der Sicherung von Wirtschaftsinteressen begründet. Im Deutschlandradio hatte er auf eine Frage über das Bundeswehrmandat in Afghanistan gesagt, dass ein Land wie Deutschland, „mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren“. Es gehe auch darum, „ganze regionale Instabilitäten zu verhindern“, die letztlich die Chancen Deutschlands minderten, „durch Handel Arbeitsplätze und Einkommen zu sichern“.

SPD und Grüne kritisierten den Präsidenten scharf. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, warf Köhler vor, er schade der Akzeptanz der Auslandseinsätze der Bundeswehr. Deutschland führe in Afghanistan „keinen Krieg um Wirtschaftsinteressen, sondern es geht um unsere Sicherheit“. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte, Köhler habe sich hoffentlich nur vergaloppiert. Andernfalls stünde er mit dieser Äußerung nicht mehr auf dem Boden des Grundgesetzes. „Wir brauchen weder Kanonenbootpolitik noch eine lose rhetorische Deckskanone an der Spitze des Staates.“ Linkspartei-Chefin Gesine Lötzsch sagte, Köhler habe „die Katze aus dem Sack gelassen“ und gesagt, worum es wirklich gehe – nämlich um wirtschaftliche Interessen.

Der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz merkte an, Köhler habe sich wohl „etwas missverständlich“ ausgedrückt und stellte klar, das Interesse Deutschlands an freien Handelswegen stehe in keinem Zusammenhang mit dem Einsatz in Afghanistan. Die FDP-Verteidigungspolitikerin Elke Hoff nahm Köhler indes in Schutz. Sein Hinweis werde von den Kritikern zum Teil „absichtlich missverstanden", sagte Hoff dem Tagesspiegel. Köhler habe lediglich darauf hingewiesen, dass zu den neuen Aufgaben der Bundeswehr auch der Schutz von Handelswegen gehöre. „Das steht bereits im Weißbuch“, sagte Hoff. Sie habe den Präsidenten nicht so verstanden, dass er damit auch den Einsatz in Afghanistan meine.

Der Bundespräsident selbst präzisierte nach der Kritik am Donnerstag seine Worte: Mit dem Hinweis auf Wirtschaftsinteressen sei die Afghanistanmission nicht gemeint gewesen, sagte ein Sprecher der dpa.

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