zum Hauptinhalt

Afghanistan: Nato schickt Awacs-Aufklärer

Die Nato wird nach monatelangem Streit Awacs-Aufklärungsflugzeuge nach Afghanistan entsenden. Das beschlossen die Verteidigungsminister der Militärallianz, nachdem Frankreich seinen Widerstand wegen der Kosten aufgegeben hatte. Der Bundestag muss aber noch zustimmen.

Die Nato wird nach monatelangem Streit Awacs-Aufklärungsflugzeuge nach Afghanistan entsenden. Das beschlossen die Verteidigungsminister der Militärallianz am Freitag in Brüssel, nachdem Frankreich seinen Widerstand wegen der Kosten aufgegeben hatte. Für den Einsatz der bis zu vier Awacs-Maschinen, die zur Unterstützung der Isaf-Schutztruppe und zur Flugsicherung nach Afghanistan vorgesehen sind, ist ein Mandat des Bundestags erforderlich. Dieses Mandat könnte bis Anfang Juli eingeholt werden.

Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer sagte: „Wir gehen im Moment davon aus, dass drei bis vier Flugzeuge nötig sein werden, um den Bedarf zu decken.“ Nach Diplomatenangaben soll der Awacs-Einsatz schon nach 120 Tagen überprüft werden. Deutschland soll nach dem jetzigen Beschluss bis zu 40 Prozent der insgesamt 250 Einsatzkräfte stellen, also bis zu 100 Soldaten. Die Gesamtkosten belaufen sich nach Nato-Angaben auf 80 bis 100 Millionen Euro pro Jahr. Davon müsste Deutschland 16 Prozent tragen. Paris steuert lediglich eine Million Euro bei.

Wegen der Überschneidung von defensiven und offensiven Fähigkeiten der Awacs-Flugzeuge ist deren Einsatz in Deutschland umstritten. Im Gegensatz zu den Tornado-Aufklärungsflugzeugen können Awacs-Flugzeuge auch digitale Bilder in Echtzeit übertragen und Kampfeinsätze in der Luft dirigieren.

Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung begrüßte die Einigung. Die Bundeswehr bewältige die Hälfte des Lufttransports und sei für die gesamte Luftaufklärung zuständig: „Und von daher haben wir ein Interesse an zusätzlicher Flugsicherheit.“ Es gebe auch Pläne für eine direkte Flugverbindung zwischen Frankfurt und Kabul: „Und deswegen ist es sinnvoll, dass wir uns hier zusätzlich engagieren – auch mit Awacs-Maschinen der Nato.“

Regierungssprecher Ulrich Wilhelm äußerte die Hoffnung auf einen baldigen Beschluss des Bundestags. Er verwies darauf, dass dafür angesichts der auslaufenden Legislaturperiode nur noch wenige Sitzungswochen zur Verfügung stünden. Die Bundesregierung hatte die Entsendung der Awacs-Maschinen gefordert, um mehr Sicherheit am Hindukusch zu erreichen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), befürwortete den Einsatz.

Damit die im August in Afghanistan bevorstehende Präsidentschaftswahl in einem sicheren Umfeld stattfinden kann, verstärkt die Nato zudem massiv die Isaf-Schutztruppe am Hindukusch. Zusätzlich zu den rund 60 000 Isaf-Soldaten aus 42 Nationen wird das  Militärbündnis 3000 Soldaten in Afghanistan stationieren, um den sicheren Ablauf der Wahl zu garantieren. Die Bundeswehr wird während des Wahlkampfs die Isaf-Schutztruppe mit 600 Mann verstärken.

US-Verteidigungsminister Robert Gates ließ unterdessen in informellen Gesprächen erkennen, dass die USA nicht nur eine vorübergehende Aufstockung des deutschen Truppenkontingents erwarten. Offenbar hofft man in Washington, dass die zu den Wahlen abgestellten 600 Bundeswehrsoldaten längerfristig im Land bleiben können. Spielraum für die Verstärkung der deutschen Isaf-Truppe hätte die Bundesregierung. Der Bundestag hat ein Mandat für 4500 Soldaten erteilt. Tatsächlich sind derzeit aber lediglich 3350 Bundeswehrsoldaten in Afghanistan stationiert.

Die USA selbst sind derzeit dabei, ihre Truppen in Afghanistan um zwei Brigaden, also rund 4500 Mann, zu verstärken. Dabei handelt es sich um US-Heimatschutztruppen, für die Zivilisten für den Zeitraum von zwei Jahren mobilisiert wurden: Verwaltungsfachleute, Polizisten, Juristen, Techniker. Damit unterstreicht US-Präsident Barack Obama seine Entschlossenheit, neben dem Kampf gegen die Taliban den zivilen Aufbau des Landes mehr in den Mittelpunkt zu stellen.

Die Nato-Verteidigungsminister unterstützen diese neue Strategie. Sie beschlossen am Freitag ein umfangreiches Programm zur Ausbildung der afghanischen Polizei und Armee. Ziel ist der schrittweise Übergang der sicherheitspolitischen Verantwortung von der Nato zu den afghanischen Sicherheitskräften. Auch hier engagieren sich vor allem die USA. Sie bilden die mit Abstand größte Zahl von afghanischen Polizisten und Soldaten aus. mit AFP/dpa/ddp

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false