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Im Namen Allahs. Muslime beim Aktionstag auf der Skalitzer Straße in Berlin.

© Reuters

Aktionstag der Islam-Verbände: Ein Zeichen gegen Fanatismus

Tausende Menschen sind am Freitag dem Aufruf der vier großen Islamverbände in Deutschland gefolgt und haben gegen Gewalt und Hass demonstriert. Mit dabei Innenminister de Maizière und Vertreter der christlichen Kirchen und des Zentralrats der Juden.

Viele tausend Muslime haben am Freitag in neun deutschen Städten für Frieden gebetet und Mahnwachen gegen Gewalt und Hass abgehalten. Die vier großen Islamverbände in Deutschland hatten dazu aufgerufen. Sie wollten damit ein Zeichen setzen gegen Extremismus und Terror, der im Namen Allahs verübt wird – aber auch gegen die Gewalt, die Muslime in Deutschland erfahren: In den vergangenen vier Wochen gab es fünf Brandanschläge auf Moscheen.

Auch der Rohbau der Mevlana-Moschee in der Skalitzer Straße in Berlin-Kreuzberg wurde attackiert. Am Freitag breiteten mehr als 1000 muslimische Männer und Frauen ihre Gebetsteppiche auf der Straße aus, die die Polizei gesperrt hatte. Bekir Alboga vom Koordinierungsrat der Muslime wartete ab, bis die Hochbahn über ihm vorbei gerattert war. Dann trat er ans Mikrofon: „Wir wünschen uns, dass alle Menschen in Deutschland an unserer Seite stehen und sich gemeinsam mit uns gegen Hass und Unrecht erheben.“ Alboga verurteilte die Terroristen, die in Allahs Namen Menschen quälen. Sie zeigten mit ihren Verbrechen, „dass sie kein Wort davon verstanden haben, was Allah uns offenbart hat“. Viele junge Männer und Frauen mit und ohne Kopftuch filmten die Kundgebung mit ihren Handys. Als Alboga „Friede sei mit allen“ wünschte, applaudierten die Zuhörer zunächst zögerlich, dann immer lauter.

De Maizière bittet die Muslime um Hilfe

Zur selben Zeit besuchte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) in Ronnenberg bei Hannover eine Moschee. Für den Minister galt, was für alle Besucher einer Moschee gilt: Schuhe ausziehen. Dann ließ er sich über die Herkunft des Gebetsteppichs und religiöse Rituale aufklären. „Sechs bis zehn Minuten dauert die Predigt“, erklärte der Imam. „Wie bei den Katholiken“, erwiderte Maizière. „Bei den Protestanten sind es 20 Minuten.“

„Anschläge auf Gotteshäuser sind Anschläge auf uns alle“, sagte de Maizière und wiederholte die Worte der Bundeskanzlerin vom Sonntag. Angela Merkel hatte diesen Satz am Brandenburger Tor auf der Kundgebung des Zentralrats der Juden gegen Hass und Antisemitismus gesagt. Wie Merkel am Sonntag, so erntete auch de Maizière am Freitag in der Moschee viel Applaus. „Religion soll Frieden stiften und nicht Hass säen“, sagte er weiter. Dann wandte sich der Sprecher des Koordinationsrats der Muslime, Ali Kizilkaya, mit eindringlichen Worten gegen die Gräueltaten der IS: „Es kann Allah nicht gefallen, dass Menschen andere Menschen angreifen, nur weil sie einen anderen Glauben haben.“

De Maizière lobte das deutliche Bekenntnis gegen Gewalt und für Frieden und rief die Muslime zur Mithilfe im Kampf gegen die Extremisten auf. „Hass und Gewalt im Namen des Islams sind niemals zu legitimieren.“ Alle seien gemeinsam in der Pflicht, über die Ursachen der Radikalisierung von jungen Frauen und Männern nachzudenken. Neben dem Staat seien Familien, Gemeinden und Gesellschaft aufgefordert, der Gewalt vorzubeugen, aber auch zu versuchen, die fehlgeleiteten Menschen „wieder zurückzuholen“. Zahlreiche weitere Bundes- und Landespolitiker besuchten den Aktionstag der Muslime, in Berlin SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi, Grünen-Chef Cem Özdemir und Linken-Politikerin Petra Pau. „Wir dürfen nicht zulassen, dass Muslime unter Generalverdacht geraten“, erklärte Justizminister Heiko Maas (SPD). Die Extremisten unter den Muslimen seien eine klare Minderheit.

Religion darf nicht zur Legitimation von Gewalt missbraucht werden

Auch Vertreter der Kirchen unterstützten den Aktionstag. Er sei „entsetzt über islamfeindliche Vorurteile inmitten unserer Gesellschaft“, sagte der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider in Berlin und versicherte den Muslimen: „Sie stehen nicht alleine“. Er rief den Gläubigen auf den Gebetsteppichen zu: „Menschen gleich welcher Religionszugehörigkeit dürfen nicht zulassen, dass Gott zur Legitimation von Terror und Gewalt missbraucht werden. Es wäre schön, wenn wir in Zukunft alle gemeinsam gegen Gewalt und Hass demonstrieren könnten.“

Doch das wird wohl noch Wunschdenken bleiben. Am Sonntag waren wenige Muslime zur Kundgebung des Zentralrats der Juden gekommen. Und am Freitag kamen nur einige Juden in die Skalitzer Straße. Immerhin: In Frankfurt am Main besuchte Dieter Graumann, Präsident des Zentralrats der Juden, eine Moschee und sagte: „Wenn Menschen angegriffen werden, trifft und schmerzt uns das alle. Wir Juden werden unsere Stimme erheben, wenn Muslime diskriminiert werden.“

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