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Politik: Akw-Betreiber Tepco plant Riesentanks für verstrahltes Wasser

Einsatz von Stickstoff soll Wasserstoff-Explosionen verhindern / Deutscher Experte erwartet größere Schäden als nach Tschernobyl

Tokio - Der Kampf gegen das Auslaufen hoch radioaktiven Wassers im japanischen Fukushima dauerte Tage. Der Durchbruch gelang, als Techniker Wasserglas – eine Silizium-Verbindung, die auch als Klebstoff, Bleich- oder Bindemittel eingesetzt wird – in den Boden unterhalb des Schachts pressten. Nahe des Atommeilers sank die radioaktive Belastung im Pazifik. Die Belastung mit radioaktivem Jod lag 600-mal über dem zulässigen Grenzwert nach zuvor 4800-mal. Doch es bleibt das Problem, wie die rund 60 000 Tonnen kontaminierten Meereswassers gelagert werden sollen, mit denen die Brennelemente gekühlt wurden. Neben dem Ablassen verstrahlten Wassers ins Meer plant der Betreiber des havarierten Akw, Tepco, Tanks zu bauen, die so viel Wasser aufnehmen können wie sechs Olympia-Schwimmbecken. Zudem soll ein Schwimmtank umgebaut und eingesetzt werden.

In Nachbarländern wie Südkorea und China löste das Abpumpen ins Meer Besorgnis aus. Die Regierung in Tokio kündigte an, den Nachbarn detaillierte Erklärungen zur Verfügung zu stellen. Experten zufolge stellt das Ablassen des schwach radioaktiven Wassers ins Meer keine Gesundheitsgefahr für Menschen dar. „Die eigentliche radioaktive Belastung ist gering und durch die Vermischung mit großen Mengen an Meerwasser liegt die endgültige Belastung unter den gesetzlichen Grenzwerten“, sagte der Radiobiologe Pradip Deb vom Royal Melbourne Institute of Technology. Murray Jennex von der San Diego State University warnte jedoch, dass demnächst auch wieder hoch radioaktives Wasser in den Pazifik abgelassen werden müsse. Tepco-Arbeiter bemühten sich, das Kühlsystem in vier durch das Erdbeben und den Tsunami beschädigten Reaktorblöcken wieder in Gang zu setzen. Bis dieses Problem gelöst ist, muss mit Meerwasser gekühlt werden, um eine Überhitzung der Brennelemente und eine Kernschmelze zu verhindern.

Seit Mittwochabend wird zudem Stickstoff gegen mögliche Wasserstoff-Explosionen eingesetzt. Wie die japanische Nachrichtenagentur Kyodo berichtete, begann Tepco am Reaktorblock 1 mit den Arbeiten. Die Aktion könnte mehrere Tage dauern. Wahrscheinlich folgen später die Blöcke 2 und 3. Der Sprecher der Atomsicherheitsbehörde Nisa, Hidehiko Nishiyama, versuchte zu beruhigen: Eine unmittelbare Explosionsgefahr bestehe derzeit nicht.

Die Reaktorkatastrophe wird nach Einschätzung eines deutschen Experten möglicherweise weitaus größere Schäden verursachen als das Unglück von Tschernobyl. „Die Menge an Radioaktivität, die in Fukushima entwichen ist, ist um ein Vielfaches größer als in Tschernobyl“, sagte der Präsident der Gesellschaft für Strahlenschutz, der Physiker Sebastian Pflugbeil, am Mittwoch in Berlin anlässlich eines Kongresses zum 25. Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl am 26. April 1986. rtr/AFP

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