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Politik: Alle oder kleiner

Wer soll die Föderalismusreform planen? Ein Konvent, fordern die Länder. Der SPD ist das eine Nummer zu groß

Das Verfahren wirkt verfahren. Seit SPD-Fraktionschef Franz Müntefering Mitte Juni die Einsetzung einer Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Föderalismusreform vorgeschlagen hat, ist die Sachdebatte in den Hintergrund gerückt. Statt dessen wird eifrig diskutiert, wie und wann welches Gremium die Reform voranbringen soll, die von allen Seiten als dringend nötig empfunden wird.

Müntefering und die SPD plädieren für eine kleine Runde von je 16 Vertretern des Bundestags und des Bundesrats, analog zur Gemeinsamen Verfassungskommission, die Anfang der neunziger Jahre die letzte große Reform des Grundgesetzes erarbeitete. „Wir wollen den Prozess nicht verzögern“, sagt der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Wilhelm Schmidt. Grund, diese Losung auszugeben, hat er: Bundesregierung und Länder reden seit Monaten über die Reform und waren sich bis Juni, so der Tenor aus Länderkreisen, zumindest in einigen Punkten näher gekommen. Seit Münteferings Vorstoß, offenbar mit den anderen Parteien nicht abgesprochen, ruhen die Gespräche. Und in den Ländern rätselt man: Was will die SPD?

Grüne, FDP und auch die Landtage planen es eine Nummer größer. FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt und Grünen-Fraktionschefin Krista Sager sind einig, dass statt der kleinen Kommission ein Konvent einberufen werden solle, dem auch Bundesregierung, Vertreter der Landesparlamente und vor allem der Kommunen sitzen müssten. Sager fordert, auch Experten einzubinden. Der SPD geht das zu weit. „Problematisch“ nennt Schmidt die Konventsidee, weil er fürchtet, dass die Debatte in der großen Runde weniger stringent geführt würde und weniger „Entscheidungsdruck“ herrsche. Eine Reform des Grundgesetzes sei nicht Sache der Landtage, meint der SPD-Politiker, sondern von Bundestag und Bundesrat. Die zuständigen Organe sollten ihre Verantwortung nicht delegieren, sagt Schmidt. Er schlägt vor, Landtagsvertreter könnten ohne Stimmrecht hinzugezogen werden, ebenso Kommunalvertreter. In jedem Fall aber solle die Kommission ihre Entscheidungen mit Zweidrittelmehrheit fällen, also jenem Quorum, das man in Bundestag und Bundesrat zur Änderung der Verfassung braucht. FDP-Chef Guido Westerwelle dagegen würde die einfache Mehrheit genügen.

Schmidts Zeitvorstellung für die Umsetzung der Reform: bis Ende 2004 in der Kommission vorbereiten, 2005 dann das Gesetz. Westerwelle hält die Neuordnung der Kompetenzen von Bund und Ländern gar erst bis 2006 für möglich. Das dürfte anderen etwas lange hin sein. Der Stuttgarter Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) drängelt. Bayerns CSU-Ministerpräsident Edmund Stoiber, der sein Land als „Motor der Reform“ versteht, will sie bis Ende 2004 beschlossen haben.

Krista Sager, als ehemalige Hamburger Politikerin auch für die Interessen der Länder aufgeschlossen, hat schon einmal einen guten Vorsatz gefasst: „Wir müssen einfach mal darüber hinwegsehen, dass die einen jetzt in der Regierung und die anderen in der Opposition sind.“ Schließlich kann das bald schon wieder anders sein. Wichtiger sei, sagt Sager im Hinblick auf das Zusammenspiel von Bund und Ländern, dass die Bürger wieder erkennen könnten, wer wofür zuständig sei in der Politik.

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