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Politik: Alles nur Theorie?

Bundeswehr-Professor Wolffsohn nennt Folter gegen Terroristen legitim – und bekommt Ärger mit Verteidigungsminister Struck

Wenn Peter Struck grundlegende demokratische Regeln verletzt sieht, reagiert er sofort. Kaum hatte die „Bild“ berichtet, dass ein Professor der Bundeswehrhochschule München die Folter gerechtfertig hat, stellte der Verteidigungsminister am Mittwoch klar, dass er diese Verfehlung so scharf wie möglich ahnden will. „Als eines der Mittel gegen Terroristen halte ich Folter oder die Androhung von Folter für legitim“, hatte der Historiker und Publizist Michael Wolffsohn in Sandra Maischbergers ntv-Talkshow erklärt. Struck distanzierte sich prompt. Eine erste Prüfung ergab, dass der Professor rechtlich und disziplinarisch nicht zu belangen sei, weil er inzwischen zurückrudert und von „wissenschaftlich-theoretischen Überlegungen“ ohne tagespolitischen Bezug spricht. Doch Struck lässt gezielt weiter nach Mitteln der Disziplinierung fahnden und lädt den Professor auch zum Gespräch, um ihm persönlich die Meinung zu sagen.

Auf Professor Wolffsohns These reagierten auch Politiker von SPD, CDU und Grünen entsetzt. Damit beschäftigt erstmals eine Debatte die deutsche Politik, die in den USA schon seit Wochen für Aufsehen sorgt. Ausgangspunkt ist dort stets die Frage, ob angesichts der neuen Dimension der Bedrohung durch Terrorismus nicht alte Rechtsgarantien zu überprüfen seien.

Genau diese Frage warf vor vier Wochen – also noch vor Bekanntwerden des Folterskandals im Irak – auch der Leiter des Berliner Aspen-Institutes, Jeff Gedmin, in einem Beitrag für die „Welt“ auf. Unter dem Titel „Können Sie ruhig schlafen?“ distanzierte sich Gedmin von „Moralisten“ und Verfechtern eines strengen Folterverbots. Er legte in dem Artikel auch den Schluss nahe, dass im Ernstfall möglicherweise nur eine Verletzung der Genfer Konvention Leben retten könne.

In der deutschen Politik stoßen solche Anregungen auf entschiedene Ablehnung, was Gedmin nicht überraschen dürfte. So warnt der CDU-Abgeordnete Hermann Gröhe, es gebe „eine Art, Fragen zu stellen und Prinzipientreue als Moralismus hinzustellen, die gefährlich ist“.

Auch Grünen-Parteichefin Angelika Beer sagt, der Aspen-Chef schlage „eine gefährliche Richtung ein“. Ebenso wie der Sprecher von Amnesty International (AI) fordert Beer: „Folter muss ein Tabu bleiben!“ AI ist überzeugt, dass ein Klima unklarer Rechtsgrenzen Soldaten ermutigt, „Verbrechen zu begehen, wie sie die Bilder aus dem Irakkrieg nun zeigen“. Gedmin wehrt sich aber heftig dagegen, dass der Artikel mit dem Geschehen in Zusammenhang gebracht wird: Sein Anstoß für eine Debatte habe mit den Verbrechen im Irak nicht das Geringste zu tun, erklärt er.

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