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Politik: Alles, was gerecht ist

DIE RENTENSTEUER

Von Ursula Weidenfeld

Alle, die fürchten, dass mit der Neuregelung der Rentenbesteuerung heimliche Steuererhöhungen oder Enteignungen von Besitzständen drohen, können sich fürs Erste beruhigen: Aus der neuen Rentensteuer, die der Sozialexperte Bert Rürup gestern empfohlen hat, wird keine Steuererhöhung. Im Gegenteil: Der Staat wird durch die Neuregelung insgesamt vermutlich weniger Geld einnehmen als bisher.

Die meisten Steuerzahler werden entlastet, wenn künftig die Beiträge zur Rentenversicherung von der Steuer befreit werden, aus den Renten dagegen steuerpflichtige Einkommen werden. Einmal, weil die heute Erwerbstätigen am Monatsende netto mehr in der Tasche haben werden. Zum anderen aber, weil Alterseinkommen in aller Regel niedriger sind, als es das Gehalt während der Zeit der Berufstätigkeit ist. Deshalb werden sie entsprechend geringer besteuert.

Bisher war es umgekehrt. Die Rentenversicherungsbeiträge wurden aus versteuertem Einkommen geleistet, die Renten dagegen blieben weitgehend steuerfrei. Gegen diese Regelung hatten Pensionäre, die ihre Beamtenpensionen voll versteuern müssen, vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt. Die Pensionäre hatten gehofft, dass sie per Gerichtsurteil von der Steuerpflicht befreit würden. Doch es kam andersherum.

Die heutigen Rentner werden die Neuregelung kaum spüren: Die schrittweise Einführung der Steuer, die Gestaltung der Übergangsfristen und das Verbot der Doppelbesteuerung von Einkünften werden dafür sorgen, dass unter dem Strich keine zusätzlichen Lasten entstehen dürfen. Nur Rentner, die hohe Altersbezüge und dazu andere Einkommen zum Beispiel aus Vermietung und Verpachtung haben, werden tatsächlich in ein paar Jahren spürbar belastet. Und auch für neue Käufer von Lebensversicherungen werden harte Zeiten anbrechen, wenn ihr Steuerprivileg – die Rendite aus der Versicherung bleibt bislang steuerfrei – fallen sollte.

Insgesamt aber gibt es keinen Zweifel: Die Vorschläge zur Rentenbesteuerung sind ausgewogen und vernünftig. Die Einführung dieser so genannten nachgelagerten Besteuerung ist überfällig. Zwar werden die Vorschläge wahrscheinlich noch überarbeitet werden müssen, damit in keiner Generation Einkommen oder Einkommensbestandteile doppelt besteuert werden. Doch dann sind die Vorlage der Experten und die entsprechende Gesetzgebung ein großer Schritt hin zu einer einheitlichen und fairen Besteuerung von Alterseinkommen.

Nur eins sind die RürupVorschläge von gestern nicht: Sie sind keine Rentenreform. Denn sie beseitigen zwar die Ungerechtigkeiten in der steuerlichen Behandlung von Pensionen, Renten und anderen Alterseinkünften. Doch sie sagen nichts darüber aus, wie die Renten- und Pensionslasten finanziert werden sollen.

Diese Lasten neu zu justieren und Vorschläge zu machen, wie sie geschultert werden können, ist die Aufgabe der anderen Rürup-Kommission, der Expertengruppe, die sich mit der nachhaltigen Erneuerung der deutschen Sozialsysteme befassen soll. 1700 Milliarden Euro – das ist der ungedeckte Scheck, den allein die gesetzliche Rentenversicherung als Versprechen an die heutigen und künftigen Alten vor sich her schiebt. Dazu kommen noch über 2000 Milliarden Euro, die der Staat seinen Beamten als Ruhestandsbezüge schon zugesagt hat. Das ist allein bei den Pensionären ungefähr das, was Deutschland in einem ganzen Jahr überhaupt an Waren und Dienstleistungen erwirtschaften kann.

Beide Systeme stehen vor der Kapitulation: die gesetzliche Rentenversicherung, weil immer weniger Berufstätige die Rentenversprechen für immer mehr Ältere finanzieren müssen. Und das Berufsbeamtentum, weil bisher noch niemand ein Rezept gefunden hat, das den Haushaltspolitikern den Reiz, Staatsdiener zu verbeamten, madig gemacht hätte: Weil Beamte in ihrer aktiven Zeit etwas billiger sind als Angestellte, für die auch der Staat als Arbeitgeber Rentenversicherungsbeiträge bezahlen muss, werden immer noch mehr Beschäftigte verbeamtet, als sinnvoll wäre. Auch das muss aufhören, wenn die Renten-Reformer zum Kern der Aufgabe kommen: zum Herstellen von Generationengerechtigkeit. Und das ist etwas anderes als das Ausrechnen von Steuergerechtigkeit.

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