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Politik: Als Friedensstifter überfordert

UN-Blauhelme sollen nun auch den Konflikt im Sudan beruhigen – doch in Afrika stehen sie auch anderswo schon auf verlorenem Posten

Die neue Friedenstruppe für Darfur droht die UN und die Afrikanische Union nach Ansicht von politischen Beobachtern zu überfordern. So ist die Zahl der weltweit stationierten Blauhelme und UN-Polizisten in den vergangenen zehn Jahren von 12 000 auf mehr als 100 000 gewachsen, wobei der weit überwiegende Teil in Afrika zum Einsatz kommt. Statt immer neue Einsätze ins Leben zu rufen und am Ende überall nur schwach vertreten zu sein, sollten die Vereinten Nationen bestehende Operationen konsolidieren, empfiehlt etwa das Centre on International Cooperation (CIC) in New York. Sonst könnten neue Missionen – wie so viele andere zuvor – kläglich scheitern. Neben dem Sudan versuchen sich UN-Soldaten derzeit in sieben weiteren afrikanischen Konflikten als Friedensstifter – zumeist ohne großen Erfolg.

Selbst im Kongo, wo der Einsatz von gut 17 000 Blauhelmen jedes Jahr mehr als eine Milliarde Dollar verschlingt, ist es der Weltorganisation auch nach fast acht Jahren nicht gelungen, die Region zu befrieden. Im Gegenteil: Trotz der international überwachten Wahlen im vergangenen Jahr zeichnet sich im Ostkongo ein neuer Bürgerkrieg ab. Ruandische Rebellen, lokale Milizen und die kongolesische Armee machen der Zivilbevölkerung das Leben hier zur Hölle. Gerade erst hat die UN-Sonderermittlerin Yakin Ertürk von Massenvergewaltigungen und brutalen Übergriffen in der Provinz Südkivu berichtet. Für die meisten Verbrechen zeichnen demnach Hutu-Rebellen verantwortlich, die nach dem Völkermord in Ruanda in den angrenzenden Kongo geflüchtet sind. Aber auch die kongolesische Armee soll massive Menschenrechtsverletzungen begehen. Zudem sollen UN-Soldaten am Goldschmuggel und Frauenhandel in der Region beteiligt sein. Ähnliche Vorwürfe sind gerade aus der Elfenbeinküste bekannt geworden, wo die UN eigentlich den Frieden überwachen sollten. Offenbar sind viele Blauhelme selber kriminell geworden. Die UN haben gerade erst ihre rund 700 marokkanischen Soldaten in dem westafrikanischen Land suspendiert, weil diese über Jahre hinweg Mädchen sexuell missbraucht haben sollen. Der UN-Einsatz in der Elfenbeinküste umfasst 9000 Soldaten. Marokko stellt dabei das größte Kontingent.

Auch ein Blick in die etwas entferntere Vergangenheit zeigt das vergebliche Bemühen der UN, in Afrika für Frieden zu sorgen. So flammte in Angola nach den Wahlen von 1992 der Bürgerkrieg erneut auf. Und in Somalia, am Horn von Afrika, konnte auch eine Intervention der Vereinten Nationen den Kollaps der staatlichen Autorität nicht stoppen.

Ein Grund für die zunehmende Überforderung der UN liegt darin, dass ihre Einheiten immer häufiger in Regionen geschickt werden, die – wie Darfur oder der Kongo – nicht wirklich befriedet sind. Dabei waren die Blauhelme ursprünglich allein dafür vorgesehen, klar definierte Waffenstillstandsabkommen zu überwachen. Hinzu kommt, dass die Industriestaaten sich bei der Entsendung von UN-Soldaten zurückhalten. Dafür springen etwa Bangladesch, Marokko, Uruguay oder Nigeria in die Bresche, die ihre Soldaten aber oft nur unzureichend ausrüsten. Nicht selten verhindert auch das Mandat einen robusten Einsatz der Friedenstruppen. So mussten sich die UN in Afrika mehrfach vorführen lassen: 1994 mussten 270 Blauhelme in Ruanda dem Völkermord an 800 000 Menschen hilflos zusehen. In Sierra Leone nahm eine Kindermiliz vor ein paar Jahren gleich mehrere hundert Blauhelme wochenlang als Geiseln. Und im Ostkongo sahen UN-Truppen oft viel zu lange tatenlos zu, als ganze Familien massakriert und Frauen massenhaft vergewaltigt wurden.

Gescheitert sind bisher aber auch alle Versuche, die Afrikanische Union (AU) stärker in die Überwachung des eigenen Kontinents einzubeziehen. Die geplante schnelle Eingreiftruppe existiert bislang allenfalls auf dem Papier.

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