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Politik: Am falschen Ort und zur falschen Zeit

Rudolf Scharping hat wieder einmal ein Problem. Am Mittwoch verbreiteten Nachrichtenagenturen aus "deutschen Regierungskreisen" in Brüssel, die USA wollten den Kampf gegen den Terrorismus auf Somalia ausweiten: Die Frage sei nicht mehr ob, sondern nur noch wann und mit welchen Mitteln eingegriffen werde.

Von Robert Birnbaum

Rudolf Scharping hat wieder einmal ein Problem. Am Mittwoch verbreiteten Nachrichtenagenturen aus "deutschen Regierungskreisen" in Brüssel, die USA wollten den Kampf gegen den Terrorismus auf Somalia ausweiten: Die Frage sei nicht mehr ob, sondern nur noch wann und mit welchen Mitteln eingegriffen werde. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld dementierte prompt: "Unsinn" sei das. "Der Deutsche lag falsch, wohl unabsichtlich, und es wird ihm wohl inzwischen leid tun." Davon ist auszugehen. Der Deutsche - die "Financial Times Deutschland" plauderte es am Donnerstag aus - war der Bundesverteidigungsminister höchstselbst.

Seine Sätze ("Wer Somalia ausschließt, ist ein Narr") fielen in einem Hintergrundgespräch - freigegeben zur Veröffentlichung, sofern die Quelle als "Kreise" getarnt wird. Nun haben die USA Somalia als mutmaßlichen Terroristen-Hort und als denkbares Rückzugsgebiet für Osama bin Laden bezeichnet. Im Januar läuft ein deutsches Marinegeschwader ans Horn von Afrika aus, um Seewege gegen Terroristen zu sichern und deren Nachschub übers Meer zu blockieren. US-Offiziere und US-Regierungsvertreter sind derzeit auffällig in dem Land unterwegs. Dass der Kampf gegen den Terror auch Somalia berühren wird, gilt mithin als sicher.

Scharpings Problem liegt in Ort und Zeitpunkt seiner Sätze: Die Journalisten mussten glauben, der Minister ergehe sich in Andeutungen über Dinge, die er soeben im Nato-Rat erfahren hat. Die Opposition, an der Spitze CSU-Chef Edmund Stoiber, forderte umgehend seine Ablösung. Der Mann habe Deutschland bis auf die Knochen blamiert. Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye nannte solche Forderungen "unbegründet". Im Kanzleramt läuteten vorerst keine Alarmglocken - für große Aufregung liegt das liebliche Geläut der Weihnachtstage einfach zu nahe. Und was sagt der Minister selbst? Er wisse nichts von US-Planungen. Und was die Möglickeit eines Somalia-Einsatzes angehe: "Ich lehne es ab, mich zu derartigen Spekulationen zu äußern."

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