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Politik: Am goldenen Zügel

Nicht alle in der SPD wollen, dass der Bund sich über Finanzhilfen in die Bildungspolitik der Länder einmischt

Berlin - In der SPD-Bundestagsfraktion grummelt es. Der Grund hat einen Namen, der Schlimmes verheißt: Kooperationsverbot. Nach dem Entwurf für die Föderalismusreform soll es nämlich keine Finanzhilfen des Bundes in den Politikbereichen mehr geben, in denen die Länder ausschließlich zuständig sind. Dazu gehört die Bildungspolitik. Der SPD im Bundestag passt das nicht. Fraktionschef Peter Struck fordert daher Änderungen an der Reform. Es sei nicht einzusehen, sagt er in leichter Verdrehung des Vorgangs, warum Ländern untersagt werden solle, „Geld anzunehmen, das ihnen der Bund für die Verbesserung ihrer Bildungseinrichtungen geben will“.

Was in manchen Ohren unschuldig klingt, ist seit Jahrzehnten ein Streitpunkt zwischen Bund und Ländern. Deswegen bestanden die Länder auch darauf, dass die mit der Föderalismusreform geplante Entflechtung auch die Finanzprogramme des Bundes – unter Juristen als „goldener Zügel“ bekannt – betrifft. Die Bundespolitiker in der SPD focht das wenig an: Während der gesamten Verhandlungen versuchten sie – vergeblich –, den Einfluss des Bundes in der Bildungspolitik auszuweiten. Auch Grüne, Linkspartei und Teile der FDP im Bundestag halten das für den gebotenen Weg.

Die Ländermehrheit sieht das anders. Sie will das Hineinregieren des Bundes in reine Länderangelegenheiten unterbinden. Daher wurde in den geplanten Artikel 104b des Grundgesetzes der von Struck bemängelte Passus eingebaut, dass Finanzhilfen des Bundes in Fällen der ausschließlichen Gesetzgebung der Länder nicht stattfinden. Also vor allem in der Bildungspolitik.

Struck und Co. wollen das nun ändern. Doch nicht alle in der SPD folgen ihnen. Zum Beispiel Wolfgang Drexler, der frühere SPD-Fraktionschef im Stuttgarter Landtag und Vertreter der SPD-Landtagsfraktionen in der Föderalismuskommission. Er pocht darauf, dass für den Verzicht der Länder auf Mitbestimmungsrechte im Bundesrat ihre Kernzuständigkeit in der Bildungspolitik gestärkt wird, der Bund sich also heraushält. „Ohne diesen Ausgleich zugunsten der Länder ist auch aus Sicht der Landtage eine Gesamteinigung nicht möglich“, schreibt Drexler in einer Stellungnahme für die Anhörung zur Föderalismusreform, die an diesem Montag beginnt. Mit der Reform werde „die Diskrepanz zwischen öffentlich zugeschriebener Verantwortung und tatsächlicher Gestaltungsfähigkeit des Bundes aufgelöst“ – will heißen: Berliner Showveranstaltungen in der Bildungspolitik haben ein Ende.

Ausdrücklich lehnt der SPD-Politiker aus Baden-Württemberg Strucks Ansinnen ab. Der Ausschluss von Bundeshilfen in der Bildungspolitik sei „inhaltlich konsequent und sollte nicht in Frage gestellt werden. Die Letzt- und Alleinverantwortung der Länder darf nicht durch eine Hintertür wieder ausgehebelt werden.“ Und mit der Geschichte von den armen Ländern, die sich gute Bildungspolitik ohne Geld aus Berlin angeblich nicht leisten können, räumt Drexler auch auf: „Wie reichere oder ärmere Länder ihre Hochschulen dotieren, ist unter der Bedingung des Länderfinanzausgleichs keine Frage fehlender Mittel, sondern eine Frage ihrer Prioritätensetzung.“

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