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Politik: Anderthalb Parlamente

Georgien wählt im Januar einen neuen Präsidenten – einen Termin für die Neuwahl der Volksvertreter gibt es nicht

NACH DEM RÜCKTRITT SCHEWARDNADSES

Es war äußerst knapp: Erst nach mehrstündigen Gesprächen gelang es den Führern der samtenen Revolution in Georgien, im Parlament einen Termin für die nächste Präsidentschaftswahl festzusetzen. Am 4. Januar soll nun ein Nachfolger des am Sonntag zurückgetretenen Eduard Schewardnadse gewählt werden. Ein Termin für neue Parlamentswahlen wurde jedoch nicht festgelegt – und das, obwohl massive Wahlfälschungen den Oppositionsprotest erst ausgelöst hatten.

Einfach war es nicht, die Beschlussfähigkeit eines Parlaments herzustellen, dessen Legitimation nicht ganz eindeutig war. Denn das oberste Gericht hatte kurz zuvor nur die 150 Mandate für ungültig erklärt, welche die Parteien bei den gefälschten Parlamentswahlen vom 2. November erhielten. Die 85 direkt gewählten Abgeordneten wurden jedoch bestätigt. Die blieben jedoch am Dienstag außen vor, denn Interimspräsidentin Nino Burdschanadse hatte das alte, 1999 gewählte Parlament zusammengerufen.

Ihre Vereinten Demokraten verfügen dort aber über gerade mal 23 Sitze, und die erst 2002 gegründete „Nationale Bewegung“ von Michail Saakaschwili ist mit eigener Fraktion gar nicht präsent. Teile der Schewardnadse-Partei boykottierten die Sitzung. Ebenso „Wiedergeburt“, der Wahlblock der autonomen Region Adscharien, deren Präsident Aslan Abaschidse den Machtwechsel als „Staatsstreich“ bezeichnete. Schon am Montag hatte er jeden Kontakt zu Tiflis abgebrochen, den Ausnahmezustand verhängt und die Gebietsgrenzen geschlossen. Die Regionen mit kompakten ethnischen Minderheiten wollen dem Beispiel folgen oder taten es bereits. Abaschidse und die Sezessionisten in Abchasien und Südossetien vereinbarten zudem einen Krisengipfel in Moskau.

Burdschanadse kann dem Treiben bisher nur zusehen. Als Interimspräsidentin ist sie ohnehin nur mit begrenzten Vollmachten ausgestattet. Sie forderte am Dienstag erst einmal Schewardnadses Mitarbeiter zu loyaler Zusammenarbeit auf, um den wirtschaftlichen Zerfall des Landes abzuwenden.

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