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Politik: Angriff auf die Stadtstaaten - Bremen, Hamburg und Berlin werden mit mehr Geld begünstigt. Diese Regelung steht in Karlsruhe zur Debatte

Sowohl Hamburgs Regierungschef Runde als auch Bremens Bürgermeister und Finanzsenator Perschau sowie seine Berliner Kollegin Fugmann-Heesing reagierten elektrisiert, als in der Verhandlung um den Länderfinanzausgleich vor dem Zweiten Senat die Einwohnerwertung in Frage stand. Dass die klagenden Süd-Länder Baden-Württemberg, Bayern und Hessen diesen zentralen Punkt im Länderfinanzausgleich angreifen, ist bekannt.

Sowohl Hamburgs Regierungschef Runde als auch Bremens Bürgermeister und Finanzsenator Perschau sowie seine Berliner Kollegin Fugmann-Heesing reagierten elektrisiert, als in der Verhandlung um den Länderfinanzausgleich vor dem Zweiten Senat die Einwohnerwertung in Frage stand. Dass die klagenden Süd-Länder Baden-Württemberg, Bayern und Hessen diesen zentralen Punkt im Länderfinanzausgleich angreifen, ist bekannt. Bisher hatte der Zweite Senat in zwei Urteilen die Besonderheit der Stadtstaaten ohne Umland immer anerkannt. Nach der geltenden Regelung werden die Stadtstaaten begünstigt, indem ihnen rechnerisch eine höhere Einwohnerzahl zugewiesen wird. Auf dieser Grundlage wurden die jetzt geltenden Zahlungen berechnet. Diese Rechtsprechung wird nun angegriffen.

Insbesondere Berichterstatter Kirchhof machte deutlich, dass er die höhere Einwohnergewichtung der Stadtstaaten als Bruch des Gleichheitssatzes beurteilt. Diese Auffassung hätte gewaltige finanzielle Folgen. Denn die "Einwohnerveredelung" für die Stadtstaaten macht etwa 6,5 Milliarden aus. Das ist die Hälfte des Länderfinanzausgleichs. Wenn Karlsruhe jetzt seine gefestigte Rechtsprechung von 1985 und 1992 ändere, befürchten die Stadtstaaten, sei der gesamte Länderfinanzausgleich gefährdet.

Nicht nur Berlin, auch Bremen und Hamburg sehen ihre Existenz bei einem Wegfall der Einwohnerveredelung für die Stadtstaaten bedroht. Die beiden Hansestädte befürchten darüber hinaus mögliche Mehrbelastungen durch die Seehäfen. Die Troika der Klägerländer sieht den Vorweg-Abzug, den Bremen und Hamburg für Erhaltung und Erneuerung ihrer Seehäfen bekommen, als verfassungswidrig an. Auch hier machte Berichterstatter und Verfassungsrichter Kirchhof deutlich, dass er dieser Auffassung zuneigt. Ob dann nicht auch Flughäfen oder Binnenhäfen wegen ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung anerkannt werden müssten, fragte er Hamburg. Runde gab die Frage Kirchhofs zurück. Wenn das Gericht zwei Mal anerkannt habe, dass für die Seehäfen der Gesamtstaat aufzukommen habe, mit welchen Gründen wolle das Gericht jetzt diese Urteile aufheben?

Noch nie wurden die Verfassungsrichter in einem Verfahren so massiv gemahnt, sich politische zurückzuhalten. "Sie sind nicht aufgerufen, den besten Finanzausgleich zu machen. Sie sind aufgerufen, den bestehenden auf seine verfassungsrechtliche Vereinbarkeit zu prüfen", so der Prozeßvertreter Bremens, Niedersachsens und Schleswig-Holsteins, Wieland, zur Richterbank. Die Stadtstaaten hoffen, dass sich Kirchhofs Auffassung nicht durchsetzt. Einige Nehmerländer hatten gegen Kirchhof im Vorfeld einen Befangenheitsantrag gestellt, weil er im früheren Streit um den Länderfinanzausgleich als Professor 1986 Baden-Württemberg vertreten hatte.

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