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Dominique Strauss-Kahn.

© Reuters

Update

New York: Anklage gegen IWF-Chef wegen versuchter Vergewaltigung

Der Chef des Internationalen Währungsfonds ist wegen versuchter Vergewaltigung und sexueller Belästigung angeklagt worden. Dominique Strauss-Kahn war am Samstag festgenommen worden. Eine Frau wirft ihm sexuelle Belästigung vor.

IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn steht vor dem Aus: Wegen des Verdachts der versuchten Vergewaltigung wurde der mächtige Chef des Internationalen Währungsfonds und mögliche französische Präsidentschaftskandidat in New York festgenommen und angeklagt. In einem Luxushotel soll der 62-Jährige nackt über ein Zimmermädchen hergefallen sein und versucht haben, die Frau zu Oralsex zu zwingen. Polizisten holten Strauss-Kahn auf dem New Yorker Flughafen aus der ersten Klasse einer Air-France-Maschine - nur wenige Minuten vor dem Abflug nach Europa.

Der Franzose, der eines "kriminellen sexuellen Akts" und der "versuchten Vergewaltigung" beschuldigt wird, hatte eigentlich am Sonntag Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin treffen wollen. Am Montag war er bei der Tagung der EU-Finanzminister in Brüssel erwartet worden. Wegen des Skandals geraten nun auch die Verhandlungen über Hilfen für die angeschlagenen Euro-Länder Portugal und Griechenland unter Druck. In Frankreich löste die Festnahme Strauss-Kahns Bestürzung aus.

Die Polizei schilderte nach Angaben des US-Fernsehsenders CNN den Fall so: Das Zimmermädchen habe am Samstag gegen 13 Uhr Ortszeit die für 3000 Dollar pro Nacht vermietete Luxussuite betreten - ohne zu wissen, dass sich dort jemand aufhielt. In diesem Moment sei Strauss-Kahn nackt aus dem Badezimmer gekommen, auf sie zugerannt und habe sie ins Schlafzimmer gezerrt. Dort habe er begonnen, sie zu attackieren.

Es sei ihr jedoch zunächst gelungen, ihn abzuwehren und wegzulaufen, sagte die 32-Jährige laut CNN der Polizei. Doch im Badezimmer habe Strauss-Kahn die Frau wieder erwischt und versucht, ihr die Unterhose herunterzureißen. Zudem soll er versucht haben, sie zu Oralsex zu zwingen. Es sei ihr aber gelungen, aus der Suite zu entkommen und zur Rezeption zu rennen. Die Frau wurde mit leichten Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht.

Strauss-Kahn in Zelle der Polizeiabteilung für Sexualverbrechen eingesperrt

Der 62-Jährige soll nach dem Vorfall in aller Eile zum Flughafen aufgebrochen sein, wo er in der Air France Maschine mit der Flugnummer 23 festgenommen wurde. Er habe keinen Widerstand geleistet und sei nicht in Handschellen abgeführt worden. Nach Angaben der "New York Times" wurde er nach der Festnahme in einer Zelle der Polizeiabteilung für Sexualverbrechen eingesperrt.

Strauss-Kahn gilt als möglicher Kandidat der französischen Sozialisten bei der Präsidentschaftswahl 2012. Er hatte schon einmal eine Kandidatur der Linken angestrebt, war aber gescheitert. Seit 2007 ist der frühere französische Finanzminister Chef des Währungsfonds. Gerade bei der Bewältigung der weltweiten Finanzkrise und der Probleme des Euro hatte er eine zentrale Rolle gespielt.

Der IWF bestätigte die Festnahme in einer kurzen Erklärung auf seiner Website. Es werde vorerst aber keine weitere Erklärung geben, alles laufe über Strauss-Kahns Anwälte und die örtlichen Behörden. Der IWF bleibe voll funktionsfähig, wurde in der Erklärung betont.

Der Wirtschaftsprofessor Eswar Shanker Prasad sagte im "Wall Street Journal", der Franzose habe seine Macht jetzt verloren: "Diese schmutzige Geschichte, wie immer sie auch ausgeht, bedeutet das Ende Strauss-Kahns als des starken Lenkers des IWF, selbst wenn er Chef bleibt - was sehr unwahrscheinlich ist." Wenn er bleibe, werde die Organisation beschädigt.

Parteigenossen reagieren bestürzt

Die französischen Parteigenossen Strauss-Kahns reagierten bestürzt auf die Vorwürfe. Die Parteichefin der Sozialisten (PS), Martine Aubry, sagte, die Nachricht habe wie ein "Donnerschlag" getroffen. Die Ex-Präsidentschaftskandidatin der größten Oppositionspartei, Ségolène Royal, sagte: Solange die Vorwürfe nicht bewiesen seien, habe Strauss-Kahn wie jeder andere Bürger das Recht auf die Unschuldsvermutung. Sie sei in Gedanken vor allem bei der Familie des 62-Jährigen.

Die Parteichefin der rechten Partei Front National, Marine Le Pen kommentierte hingegen: "Er ist als Kandidat für das höchste Staatsamt definitiv diskreditiert." Der konservative Abgeordnete Bernard Debré von der Regierungspartei UMP nannte die Affäre "demütigend für Frankreich" und zeigte sich überzeugt, dass an den Vorwürfen etwas dran sei. Wenn es keinen ernsten Tatverdacht gebe, würde die US-Polizei einen Mann wie Strauss-Kahn nicht aus einem Flugzeug holen, sagte Debré.

Bereits vor drei Jahren war Strauss-Kahn wegen einer Affäre mit einer Mitarbeiterin ins Zwielicht geraten. Eine interne Untersuchung des IWF war allerdings zu dem Schluss gekommen, dass es weder eine sexuelle Belästigung noch eine Begünstigung gegeben habe.

Der IWF trägt ein Drittel der internationalen Milliarden-Hilfen für Portugal und Griechenland. Der Rest entfällt auf die europäischen Partner. Das geplante Hilfspaket für Portugal umfasst 78 Milliarden Euro. Griechenland hat vor einem Jahr Nothilfen von 110 Milliarden zugesagt bekommen. Inzwischen wird aber über weitere Hilfen an Athen sowie zusätzliche Erleichterungen diskutiert. (dpa)

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