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Anleihen: Rutscht auch Deutschland in die Krise?

Es ist keine Flucht, aber ein schleichender Abschied: Anleger verkaufen seit Tagen deutsche Staatsanleihen. Ein Zeichen der Unsicherheit.

Es ist keine Flucht, aber ein schleichender Abschied: Anleger verkaufen seit Tagen deutsche Staatsanleihen. Auch am Donnerstag gab der Bund-Future – ein „Barometer“ für die künftige Zinsentwicklung – deutlich nach. Im Gegenzug stieg die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen auf 2,152 Prozent. Am Mittwoch hatte sie noch bei 2,015 Prozent gelegen. Das ist immer noch deutlich weniger, als etwa Italien oder Frankreich Investoren zahlen müssen, die Staatsanleihen dieser Länder kaufen. Aber nach der missglückten Auktion deutscher Anleihen am Mittwoch zeigen sich Marktbeobachter alarmiert: „Es herrscht eine hohe Unsicherheit und Misstrauen gegenüber Deutschland“, sagte Viola Stork, Analystin bei der Helaba. „Ausländische Investoren ziehen ihre Gelder ab und legen sie außerhalb der Euro-Zone an, zum Beispiel in Großbritannien oder den USA.“

Volkswirte hatten am Vortag von einem „absoluten Desaster“ für den Bundesfinanzminister gesprochen, nachdem es der Finanzagentur des Bundes nicht gelungen war, zehnjährige Bundesanleihen im Wert von sechs Milliarden Euro zu einem Zins von 1,98 Prozent am Markt zu platzieren. Die Gebote von Investoren und Banken beliefen sich nur auf 3,89 Milliarden Euro. Rund ein Drittel der Emission konnte die Agentur, die im Auftrag des Finanzministers möglichst günstig Geld für den Bund beschaffen soll, nicht unterbringen. „Offenbar machen sich die Investoren jetzt auch Gedanken über die Qualität der Bundesanleihen“, sagt Eugen Keller vom Bankhaus Metzler. Möglicherweise sei die schiefgelaufene Emission auch ein Indiz dafür, dass der Widerstand gegen Euro-Bonds abbröckele. „In jedem Fall muss der Bund künftig eine höhere Rendite bieten.“

Die Frage, ob damit die Schuldenkrise den vermeintlich „sicheren Hafen“ Deutschland erreicht hat, beantworten Experten zurückhaltend. Im laufenden Jahr hatte die Finanzagentur bereits bei acht Emissionen von Bundeswertpapieren Probleme, für alle Bonds Käufer zu finden. Unter anderem drei Mal bei zehnjährigen und je zwei Mal bei fünf- und bei 30-jährigen Bundesanleihen. Insgesamt fehlten dabei Gebote im Volumen von sechs Milliarden Euro. Im Vergleich zum gesamten Refinanzierungsbedarf des Bundes von 275 Milliarden Euro, den die Finanzagentur 2011 abdecken muss, entspricht dies weniger als einem Prozent. „Für diese 275 Milliarden Euro gingen insgesamt in diesem Jahr Gebote von 413 Milliarden Euro ein“, sagt Jörg Müller, Sprecher der Finanzagentur. Generell sei der Vorgang indes nicht ungewöhnlich, auch 2010 und 2009 sei dies vorgekommen. Allerdings hatte es bislang selten eine so geringe Nachfrage nach einer Bundesanleihe gegeben wie am Mittwoch. Volkswirte sprechen von einem Stimmungsumschwung. „Man muss sich gewisse Sorgen machen“, sagte Eugen Keller vom Bankhaus Metzler.

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