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Anschläge von Bombay: Pakistanische Terrorgruppe auch in Deutschland aktiv

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble weilt derzeit in der indischen Hauptstadt Neu Delhi. Dort kündigte er an, dass BKA-Spitzenbeamte Indien unterstützen werden. Und Schäuble sagte, dass es auch in Deutschland Mitglieder der Terrorgruppe Lashkar-e-Taiba gebe.

Mitglieder der mutmaßlich für die Terrorserie von Bombay verantwortlichen Extremistengruppe Lashkar-e-Taiba halten sich nach Erkenntnissen des Bundesinnenministeriums auch in Deutschland auf. Es handele sich um Einzelpersonen, sagte Innenminister Wolfgang Schäuble am Freitag bei einem Besuch in der indischen Hauptstadt Neu Delhi. Lashkar-e-Taiba (LeT) unterhalte nach derzeitigen Erkenntnissen keine Organisationsstrukturen in der Bundesrepublik. Man gehe davon aus, dass die Mitglieder der Gruppe "in Deutschland nicht unmittelbar Anschläge vorbereiten". Es gebe aber "offensichtlich Bezüge zu der Islamischen Dschihad-Union", jener usbekischen Gruppe, die in Deutschland Anschläge geplant hatte.

Schäuble kündigte in Neu Delhi die baldige Entsendung von Spitzenbeamten des Bundeskriminalamtes nach Indien an, um die Zusammenarbeit zu verstärken. Beide Seiten seien der Ansicht, dass der Informationsaustausch verbessert werden könne, sagte der Minister. Er habe darum gebeten, dass sich auch die deutsche Anti- Terror-Einheit GSG 9 die Tatorte in Bombay "intensiver angucken kann". Die GSG 9 müsse auf solche Angriffe vorbereitet sein. Auch die Staatsanwaltschaft in Deutschland, die im Fall der drei in Bombay getöteten Bundesbürger ermittele, müsse die notwendigen Informationen bekommen. Schäuble betonte, man werde Indien beim Anti-Terror-Kampf helfen, wo immer das von der Regierung in Neu Delhi gewünscht sei.

Delhi beschuldigt Lashkar-e-Taiba

Indien macht die aus Pakistan heraus operierende LeT für die Angriffe von Bombay mit mehr als 170 Toten verantwortlich. Schäuble sagte, die Terrorserie von Bombay betreffe nicht nur Indien, sondern entspreche "der Denkstruktur des Netzwerks islamistischen Terrors". Das sei "eine Bedrohung auch für uns". Schäuble ist das erste deutsche Kabinettsmitglied, das Indien seit der Terrorserie Ende vergangenen Monats besucht. Er kam am Freitag zunächst mit seinem neuen indischen Amtskollegen P. Chidambaram und dem nationalen Sicherheitsberater M. K. Narayanan zusammen. Geplant waren auch Treffen mit Premierminister Manmohan Singh sowie mit Vertretern der muslimischen und der christlichen Minderheit in Indien.

Schäuble sagte, seine indischen Gesprächspartner hätten sich "sehr, sehr verantwortungsvoll" gezeigt. "Für Indien ist ein stabiles Pakistan ein Schlüssel." Ziel der Terroristen sei gewesen, Indien zu provozieren und die Spannungen mit Pakistan anzuheizen. Die Schuldzuweisungen zwischen den Atommächten Indien und Pakistan dauerten unterdessen an.

Pakistan: Indien arbeitet bei Aufklärung nicht zusammen

Der pakistanische Außenminister Shah Mahmood Qureshi warf der Regierung in Neu Delhi vor, bei der Aufklärung der Angriffe nicht zu kooperieren. In einer Fernsehansprache sagte Qureshi am Freitag: "Trotz unserer Bitten sind von der indischen Regierung bislang keine Beweise oder Informationen mitgeteilt worden." Der indische Außenminister Pranab Mukherjee hatte am Donnerstag im Parlament in Neu Delhi Zweifel daran geäußert, ob die Regierung in Islamabad die Drahtzieher der Terrorserie ernsthaft verfolge.

Qureshi sagte, Sicherheitskräfte gingen gegen die islamistischen Gruppe Jamaat-ud-Dawa (JuD) vor, die der UN-Sicherheitsrat auf die Liste der Terrororganisationen gesetzt hatte. JuD-Chef Hafiz Muhammad Saeed, den der Sicherheitsrat zum Terrorverdächtigen erklärte, sei unter Hausarrest gestellt worden. Anhänger der Organisation seien festgenommen und Büros versiegelt worden. Der Sicherheitsrat hatte JuD am Mittwoch zu einer Tarnorganisation von Lashkar-e-Taiba erklärt. Saeed wird als LeT-Chef geführt.

Wenige Stunden vor dem Hausarrest hatte Saeed am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in der ostpakistanischen Stadt Lahore alle Anschuldigungen zurückgewiesen. Er kündigte an, gegen die vom Sicherheitsrat verhängten Sanktionen gerichtlich vorzugehen. Nach Angaben der pakistanischen Regierung waren in den vergangenen Tagen bereits der Operationschef von LeT, Zaki-ur-Rehman Lakhvi, und der angebliche Kommunikationschef der Organisation, Zarar Shah, festgenommen worden. Die von Indien verlangte Auslieferung der Verdächtigen lehnte Pakistan ab. (mhz/dpa)

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