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Mit Kerzen, Blumen. Briefen und Kuscheltieren zeigen die Menschen in Tuscon ihren Schock und ihre Trauer über das Attentat auf die Demokratin Gabrielle Giffords.

© Reuters

Arizona: Anschlag auf US-Politikerin

Ein Anschlag auf eine Kongressabgeordnete erschüttert die USA. Die Demokratin Gabrielle Giffords hat schwer verletzt überlebt. Laut Polizei starben sechs Menschen. Die Polizei sucht nach einem zweiten Verdächtigen.

Schock in Amerika: Ein Mann hat in Arizona eine Kongressabgeordnete durch einen gezielten Kopfschuss schwer verletzt. Der 22-jährige Täter erschoss bei einem Bürgertreff der Politikerin zudem sechs Menschen, darunter ein kleines Mädchen. Die Motive des Täters, der überwältigt wurde und in Haft ist, sind unklar. Entgegen ersten Angaben schließt die Polizei nicht aus, dass es einen Komplizen gibt.

Der Schütze habe die 40-jährige demokratische Abgeordnete Gabrielle Giffords bei einem gezielten Mordanschlag mit einer halbautomatischen Pistole niedergestreckt, sagte Sheriff Clarence Dupnik. Die Polizei sei auf der Suche nach einem möglichen Komplizen. Präsident Barack Obama äußerte sich erschüttert und appellierte: Gewalt hat keinen Platz in der Politik. Sheriff Dupnik verwies ausdrücklich auf die aufgeheizte politische Stimmung in Arizona: Ein solches Klima könne psychisch labile Menschen beeinflussen. „Wir sind zu einem Mekka des Hasses und der Vorurteile geworden“, sagte Dupnik. Das Abgeordnetenhaus in Washington sagte alle Sitzungen in der nächsten Woche ab.

Spur im Internet verfolgt

Auf der Suche nach den Motiven für das Attentat verfolgt die Polizei auch eine Spur im Internet. Dort sind über die Plattform Youtube mehrere Videos zugänglich, in denen sich eine Person unter demselben Namen äußert, den der mutmaßliche Attentäter trägt. Ob es sich um auch dieselbe Person handelt, wird derzeit vom FBI untersucht. In den Videos wird der US-Regierung Gehirnwäsche vorgeworfen. In einem dazugehörigen biografischen Hinweis spricht der Autor von Schulbesuchen in der Region Tucson und zählt Adolf Hitlers “Mein Kampf“ und das “Kommunistische Manifest“ von Karl Marx und Friedrich Engels zu seinen Lieblingsbüchern.

Auch Gifford trat für das Recht auf Schusswaffen ein

Das Verbrechen ereignete sich am Samstagvormittag, als Giffords politische Anhänger in einem Einkaufszentrum in Tucson traf. „Es wurden zwischen 15 und 20 Schüsse abgefeuert“, berichtete ein Augenzeuge. Der Täter habe die Abgeordnete aus nächster Nähe gezielt in den Kopf geschossen. Dann sei Chaos ausgebrochen. Passanten konnten den Mann überwältigen. Über Stunden waren die genauen Ereignisse völlig unklar: Zeitweise hieß es, die Abgeordnete sei tot. Zwei Passanten gelang es, den Täter zu überwältigen.

Ersten Berichten zufolge soll der Täter im Internet gegen die Regierung gewettert und eine neue US-Währung gefordert habe. Er habe eine kriminelle Vergangenheit, sagte Dupnik, ohne allerdings Einzelheiten zu nennen.

Giffords gilt als moderate, aber streitbare Demokratin, die nicht immer auf Parteilinie liegt. So trat sie im Widerspruch zu vielen Parteifreunden seit langem für das Recht auf Schusswaffen ein. Sie vertritt seit Januar 2007 als Kongressabgeordnete den Süden des US-Bundesstaats Arizona.

Die Abgeordnete wurde operiert und befinde sich in kritischen Zustand, sagte ein Krankenhausarzt in Tucson. Er sei optimistisch, dass die Patientin überlebt, sagte der Arzt. Ärzte sprachen von einem glatten Kopfdurchschuss der Politikerin. Unter den Toten sei auch ein Richter und eine Helferin der Abgeordneten.

Politikerin war Zielscheibe

Polizeichef Rich Kastigar bestätigte bei einer Pressekonferenz, es haben sechs Tote gegeben. Ein Dutzend Menschen sei verletzt worden, viele davon schwer.   Obama sprach von einer „unsagbaren Tragödie„. Eine solche „sinnlose und schreckliche Gewalttat hat in einer freien Gesellschaft keinen Platz“, meinte er in einer ersten schriftlichen Stellungnahme. „Wir werden der Sache auf den Grund gehen“, sagte Obama, der später eigens vor die Kameras trat. Ähnlich erschüttert äußerte sich der neu gewählte Präsident des Abgeordnetenhauses, John Boehner von den Republikanern. „Das ist ein trauriger Tag für unser Land.“

Die politische Rhetorik in den USA ist in den vergangenen zwei Jahren immer aggressiver geworden. "Gabby" Giffords war selbst mehrfach verbal attackiert worden. Die ehemalige Vizepräsidentschafts-Kandidatin Sarah Palin, seit langem inoffizielles Sprachrohr der radikal gesinnten "Tea Party", veröffentlichte im März 2010 eine Karte der USA mit Zielscheiben auf 20 Wahlkreisen, deren Abgeordnete für die Gesundheitsreform von Barack Obama gestimmt hatten. Eine der Zielscheiben markierte Giffords, dazu kam die Aufforderung "Stellung zu beziehen". Palin hatte ihre Anhänger in der Vergangenheit bereits aufgefordert, gegenüber dem politischen Gegner "nicht nachzugeben, sondern nachzuladen". Palin verurteilte den Anschlag umgehend.

Politische Gegner tauchten mit Waffen auf

Nicht nur rhetorisch lud unterdessen Giffords Gegner im Rennen um den Abgeordnetensitz nach. Der republikanische Kandidat Jesse Kelly forderte seine Anhänger im Juni auf: "Helft uns Gabrielle Giffords aus dem Amt zu werfen. Feuert eine vollautomatische M16 mit Jesse Kelly." Solche Aktionen im Wahlkampf kommen gut an in Arizona, einem Staat mit vielen Waffennarren, in dem zur Zeit unter anderem darüber diskutiert wird, Waffen in Schulen zu legalisieren.

Bei Wahlkampfveranstaltungen der Demokratin waren im vergangenen Herbst regelmäßig politische Gegner mit Waffen erschienen. Im März wurde ihr Wahlkampfbüro in Tucson verwüstet. Die als moderat bekannte Abgeordnete, die zu den fiskal-konservativen "Blue Dogs" gehörte, gilt in Washington als beliebt. Giffords ist mit dem Astronauten Mark Kelly verheiratet. (mit dpa/Reuters)

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