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Politik: Anschlag in Israel: Die Polizei kam nur wenige Minuten zu spät

"Schau Papa, da ist ein Terrorist", wisperte Schibolet Abbudi ihrem Vater zu, als sie am Freitag durch Netanja gingen. Der junge Mann sei ihnen kurz vor der Explosion aufgefallen, berichtete das junge Mädchen nach dem neuen Selbstmordanschlag im israelischen Rundfunk.

"Schau Papa, da ist ein Terrorist", wisperte Schibolet Abbudi ihrem Vater zu, als sie am Freitag durch Netanja gingen. Der junge Mann sei ihnen kurz vor der Explosion aufgefallen, berichtete das junge Mädchen nach dem neuen Selbstmordanschlag im israelischen Rundfunk. "Ich sah einen jungen Mann, mit einem arabischen Gesicht, einem Schnauzbart, gut angezogen, nett, mit einem großen blauen Jackett", sagte sie. Er habe einen kalten Blick gehabt. Ihr Vater Dudi Abudi erinnerte sich, dass der Mann sehr dünn war und ein Jackett trug, das viel zu weit war. Er habe sofort über sein Handy die Polizei verständigt.

"Wir sahen von hinten, dass er einen Gürtel mit Sprengstoff trug", sagte Schibolet. Der Mann habe versucht, in die Einkaufsstraße zu gehen, doch offenbar sei er nicht hineingelassen worden. Sie hätten Angst gehabt und nicht gewusst, was sie tun sollten. Vater Dudi Abudi erinnert sich, dass er mit seiner Tochter wie angewurzelt stehen geblieben sei. Er habe die Bewegungen des Mannes verfolgt. "Er war gegenüber dem Eingang des Einkaufszentrum und er sah dort Sicherheitsleute. Zuerst ging er auf einem Übergang über die Straße. Er wartete vor der Ampel wie jeder, er war völlig ruhig, doch auf seinem Gesicht lag eine Anspannung." Dann sei der Mann hin- und hergelaufen mit Händen in den Taschen, habe angehalten und sich umgeschaut. "Und dann kehrte er zum Eingang zurück und wir hörten eine Explosion." Die Polizei bestätigte, sie habe mehrere Anrufe mit Hinweisen auf eine "verdächtige Person" erhalten. Der Streifenwagen sei auf dem Weg gewesen, als sich die Explosion ereignete.

Es war das blutigste Attentat seit dem Regierungsantritt von Premier Ariel Scharon im März und nicht zum ersten Mal war es der Badeort Netanja, über den ein Selbstmordattentäter Tod brachte. Ein stummer Zeuge lässt das wahre Ausmaß des Schreckens erahnen: Verlassen bleibt nach dem tödlichen Anschlag ein Kinderwagen vor dem Einkaufszentrum Hascharon. "Beweisstück Nummer 16, Anschlag 18/05/01, Netanja", steht auf dem von der Polizei angehängten Zettel. "Die Mutter ist offenbar getötet worden, das Baby ist verletzt", sagt Bürgermeisterin Myriam Feinberg.

Am Tatort bot sich auch für erfahrene Retter ein schockierendes Bild. "So etwas Schreckliches habe ich noch nie gesehen", meint der Leiter der Rettungsdienste, Jossi Rakah. "Am Boden lagen etwa 20 Menschen, blutüberströmt. Einige furchtbar verstümmelt. Unter den Toten war auch der etwa 20-jährige Attentäter. "Er lag mit aufgerissenem Brustkorb, den Kopf halb abgetrennt und ein Bein fehlend mitten unter den Opfern", berichtete ein Polizist.

Doch das Entsetzen schlägt schnell um in Wut. "Diese Stadt war immer offen für die Palästinenser. Sie sind unsere Nachbarn. Dies hier ist eine Tragödie. Das muss aufhören", klagt Bürgermeisterin Feinberg. Die Palästinenserstadt Tulkarem im Westjordanland liegt nur 15 Kilometer von Netanja entfernt. "Wenn sie uns nicht in Frieden leben lassen, werden sie auch keinen Frieden haben", droht Feinberg.

cal

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