zum Hauptinhalt
Schwer bewaffnete Huti-Kämpfer patrouillieren am Flughafen der Hauptstadt Sanaa. Dieser wurde bei Luftangriffen der Allianz so schwer getroffen, so dass niemand mehr die Stadt auf dem Luftwege verlassen kann.

© Khaled Abdullah/Reuters

Arabische Liga plant eigene Streitmacht: Angst vor dem Flächenbrand

Der Vormarsch der Huthi-Rebellen im Jemen besorgt die Nachbarländer immer mehr. Die arabische Allianz plant eine eigene Streitmacht. Eine Allianz aus zehn Staaten fliegt derzeit Luftangriffe – und richtet sich auf einen langen Kampf ein.

An kriegerischer Rhetorik fehlte es nicht beim Arabischen Gipfel in Scharm el Scheich. „Die Operation wird so lange dauern, bis die Huthi-Milizen kapitulieren und ihre Waffen aushändigen“, sagte Nabil al Arabi, Generalsekretär der Arabischen Liga. Der aus Aden geflohene jemenitische Präsident Abed Rabbo Mansour Hadi beschwor die versammelten Staatschefs, die vom Iran unterstützten schiitischen Kämpfer in Grund und Boden zu bomben. „Ich fordere, die Operation so lange weiterzuführen, bis diese Banden aufgeben und sich aus allen Winkels zurückgezogen haben, die sie besetzt halten.“ Den Huthis warf er vor, sie seien Strohmänner des Iran. Ihre politische Unreife hätte den Jemen zerstört.

Auch der gesundheitlich angeschlagene saudische König Salman, der für seinen Besuch am Konferenzort eine spezielle Gangway mit eingebauter Rolltreppe mitgebracht hatte, ließ keinen Zweifel an seiner Entschlossenheit. „Wir werden diese Operation so lange fortsetzen, bis wieder Sicherheit und Stabilität im Jemen herrschen“, erklärte der 79-Jährige, in dessen Gefolge sich auch sein Sohn Mohammed befand, der 34-jährige Verteidigungsminister des Königreichs. Aus Diplomatenkreisen vom Golf verlautete, die Militäroffensive im Jemen werde bis zu sechs Monate dauern. Ein Einsatz von Bodentruppen allerdings, das wissen die Generäle, könnte mit hohen eigenen Verlusten und einem endlosen Blutvergießen für die Zivilbevölkerung enden.

Die Luftangriffe gehen weiter

Die Luftangriffe, an denen sich mehr als 150 Kampfflugzeuge aus zehn Staaten beteiligen, gingen auch am Wochenende weiter. In der Nacht zu Sonntag wurden Rollbahn und Gebäude des Zivilflughafens von Sanaa schwer getroffen, so dass niemand mehr die Stadt auf dem Luftwege verlassen kann. Wenige Stunden zuvor hatten die Vereinten Nationen (UN) noch ihre letzten 100 Mitarbeiter evakuieren können. Die ganze Nacht lag die jemenitische Hauptstadt, deren Altstadt UN-Weltkulturerbe ist, in schwerem Bombenhagel. In der strategisch wichtigen Stadt Aden explodierte ein Waffendepot, während es geplündert wurde.

Bei Straßenkämpfen zwischen regierungstreuen Milizen und angreifenden Rebellen in der Hafenstadt starben mindestens 60 Menschen und wurden über 500 verletzt. In Sanaa liegt die Zahl der Todesopfer mittlerweile bei über 80. Aus den Huthi-Siedlungsgebieten in den Nordprovinzen gibt es keine gesicherten Angaben. Dort zerstörten arabische Kampfjets nach eigenen Angaben mehrere Dutzend Scud-Raketen, die in den letzten Tagen Richtung Grenze verlegt worden waren und saudische Städte erreichen können.

Bei seiner Rede auf dem Arabischen Gipfel sprach Ägyptens Präsident Abdel Fattah al Sissi von einer „nie da gewesenen Bedrohung für die Region“. Die arabische Offensive in Jemen verteidigte er als notwendig, um Einheit und inneren Frieden des Landes zu bewahren. Al Sissi warb für eine panarabische Eingreiftruppe. Hinter den Kulissen der chronisch zerstrittenen Liga jedoch gab es sofort Einwände und Bedenken, vor allem vonseiten des Irak, aber auch von Oman. Entsprechend unverbindlich fiel das Schlusskommuniqué aus, in dem das ganze Projekt als freiwillig deklariert wurde. In rund vier Wochen will man dann beginnen, über Details wie Kommandostruktur, Truppenstärke und Zeitplan zu diskutieren.

Hinter den Rebellen stehen Iran und der abgesetzte Präsident

Die Huthis im Jemen, die 40 Prozent der Bevölkerung ausmachen, werden vom Iran gestützt und sind verbündet mit Truppen, die loyal zu dem 2012 abgesetzten Langzeitpräsidenten Ali Abdullah Saleh stehen. Über die genaue Rolle der Islamischen Republik gibt es widersprüchliche Angaben. So berichtete die BBC, führende Köpfe der Huthis seien in der heiligen Stadt Qom gesehen worden, die etwa 150 Kilometer von Teheran entfernt ist. Auch zirkulieren unbestätigte Berichte, dass ein Teil der Kampfflugzeuge aufseiten der schiitischen Rebellen von iranischen Piloten geflogen wird.

Ein jemenitischer Politikwissenschaftler, der seinen Namen nicht genannt sehen will, sagte dem Tagesspiegel in einem Telefonat, die Bevölkerung in Sanaa sei total verstört. „Wir haben so etwas noch nie erlebt, wir haben unsere traditionellen Methoden und Regeln der Auseinandersetzung.“ Jetzt falle die halbe arabische Welt mit ihrem supermodernen Waffenarsenal über das ärmste Land der Region her und mache es zum Schlachtfeld gegen den Iran. „Diese Leute wissen, wo der Iran liegt, warum kämpfen sie nicht dort und stattdessen auf unserem Territorium?“ Der saudischen Führung warf er vor, ihren Einfluss im Jemen verloren zu haben, weil sie sich stets mit den schlimmsten und korruptesten Leuten des Landes eingelassen hätten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false