zum Hauptinhalt

Politik: Arbeitslose sollen in Pflegeheimen helfen

Wohlfahrtsverbände: Mehr als 10 000 Ein-Euro-Stellen möglich / Mehr Zuverdienst als bei Minijobs

Berlin – Die „Ein-Euro-Jobs“ für Langzeitarbeitslose nehmen Gestalt an: Sozialministerin Ulla Schmidt und Familienministerin Renate Schmidt (beide SPD) verständigten sich am Montag mit den Wohlfahrtsverbänden auf Standards. In der Startphase sieht der Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, Manfred Ragati, ein Potenzial von „deutlich über 10 000“ Zusatzjobs. „Die Arbeit ist da“, sagte Ragati.

Die Jobs, die vor allem im sozialen Bereich geschaffen werden, sollen nach dem Willen der Bundesregierung „zusätzlich“ sein – also keine bestehenden Arbeitsplätze verdrängen. Nach Angaben von Familienministerin Schmidt ist das bei den 60 000 nicht besetzten Zivildienst-Stellen eindeutig der Fall. „Diese Plätze sind als erste für die Besetzung mit Langzeitarbeitslosen vorgesehen“, sagte die Ministerin. Sie regte an, die Zusatzjobs zu zertifizieren – ähnlich wie Zivildienststellen. Es solle regelmäßig überprüft werden, dass die Beschäftigungsgelegenheiten für Langzeitarbeitslose keine regulären Jobs ersetzen.

Eingesetzt werden sollen Arbeitslose zum Beispiel in Pflegeheimen, Krankenhäusern, Schulen, Kindertagesstätten, Sportvereinen und Behindertenwerkstätten. Ragati, der zugleich Bundesvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt (Awo) ist, sagte, Kindertagesstätten könnten durch den Einsatz von Arbeitslosen abends länger geöffnet bleiben, oder die Bewohner von Pflegeheimen könnten häufiger bei einem Spaziergang begleitet werden.

Die Bundesagentur für Arbeit soll den Anbietern von solchen Zusatzjobs eine Pauschale in Höhe von voraussichtlich 500 Euro zahlen. Im Durchschnitt erhält der Arbeitslose nach Angaben von Familienministerin Renate Schmidt davon 200 Euro. Die Wohlfahrtsverbände oder kommunalen Träger bekommen rund 300 Euro, um die Arbeitslosen für die Tätigkeit zu qualifizieren. Nach Angaben von Familienministerin Schmidt sollen die Pauschalen gestaffelt werden. Wenn jemand schwer vermittelbar sei und aufwändiger qualifiziert werden müsse, solle auch eine höhere Pauschale gezahlt werden.

Wer eine Tätigkeit ablehnt, die nicht mit der Betreuung oder Pflege von Menschen zu tun hat, muss sich auf Kürzungen beim Arbeitslosengeld II einstellen. Bei den „personenbezogenen Dienstleistungen“ sei dagegen Voraussetzung, dass der Arbeitslose für diese Tätigkeit auch geeignet sei.

Langzeitarbeitslose können sich mit einem so genannten „Ein-Euro-Job“ sogar finanziell besser stellen, als wenn sie ihr Arbeitslosengeld II mit einem Minijob aufbessern. Bis zu 320 Euro im Monat können sie zusätzlich behalten, wenn sie maximal 160 Stunden im Monat arbeiten. Bei einem Minijob, der mit 400 Euro entlohnt wird, sind jedoch nur 60 Euro anrechnungsfrei. In den Fraktionen von SPD und Grünen gibt es daher bei mehreren Abgeordneten den Wunsch, die Zuverdienstgrenzen doch noch einmal zu verändern. „Das ist ein Bereich, der so schnell wie möglich geregelt werden sollte“, sagte der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Klaus Brandner, dem Tagesspiegel. Wer einen Ein- Euro-Job annehme, könne dadurch mehr verdienen als mit einem regulären Nebenjob.

Die Detail-Debatte über Nachbesserungen an Hartz IV will Brandner jedoch mit seinem Anliegen nicht wieder aufmachen: „Der Sack ist zu“, sagte er. Änderungen schloss auch Familienministerin Schmidt aus. „Die Zuverdienstregelungen sind uns von der Union im Vermittlungsausschuss aufgedrückt worden“, sagte die SPD-Politikerin. „Nach einem Jahr können wir dann schauen, was sich bewährt hat.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false