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Arbeitslosengeld: Söder will "Hartz IV" kürzen

CSU-Generalsekretär Markus Söder fordert Kürzungen bei "Hartz IV"-Leistungen - und erntet dafür harsche Kritik von SPD und Grüne. Einen gesetzlichen Mindestlohn hält er daneben für "ökonomischen Unsinn".

Berlin - "Eine Leistungskürzung gegen Langzeitarbeitslose kommt für uns nicht in Frage", betonte SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler. Grünen-Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke kritisierte, Söders Vorschläge verhöhnten alle "Hartz IV"-Empfänger. "In der CSU ist die soziale Eiszeit angebrochen", fügte Lemke hinzu.

Söder plädierte dafür, insbesondere die Zusatzleistungen zu kürzen, um den Abstand zwischen "Hartz IV"-Empfängern und Berufstätigen zu vergrößern. "Der Regelsatz ist nicht das Problem, aber all die unüberschaubaren Zusatzleistungen müssen durchforstet werden", sagte der CSU-Politiker. Er halte "Zuschläge beim Übergang vom Arbeitslosengeld I zum Arbeitslosengeld II und viele andere Ausnahmen für überflüssig". Es müsse wieder gelten, dass derjenige, der arbeitet, mehr Geld hat als der, der nicht arbeitet.

Stiegler: Übergangsregelungen unverzichtbar

Stiegler bezeichnete die Übergangsregelungen vom Arbeitslosengeld I zum Arbeitslosengeld II als "unverzichtbare Kompensation für die Kürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes". Es könne nicht darum gehen, Arbeitsanreize durch Leistungskürzungen zu setzen, sagte der SPD-Fraktionsvize: "Es geht um bessere und passgenaue Vermittlung in den Arbeitsmarkt." Arbeitsvermittlung und Unternehmen müssten auch denen eine Chance geben, die seit längerer Zeit nicht mehr im Arbeitsleben stehen.

Lemke kritisierte, die Union nehme mit ihrem Kampf gegen Mindestlöhne "weiter kaltschnäuzig Elendslöhne in Deutschland hin", von denen viele nicht leben könnten. Mit der Kürzung von "Hartz IV" wolle die Union "diejenigen, die sowieso schon mit Arbeitslosigkeit zu kämpfen haben, jetzt auch noch chancenlos ins soziale Abseits schieben". Söder streiche das "S" endgültig aus dem Parteinamen der CSU. "Hartz IV" sei "sicher nicht zu hoch".

SPD-Arbeitsmarktexperte: Nicht an Mindestlohn-Höhe festbeißen

Der SPD-Arbeitsmarktexperte Klaus Brandner hat an die Union appelliert, den Grundsatzstreit um die Einführung von Mindestlöhnen zu beenden. "Der Mindestlohn ist kein Übel an sich, die Erfahrungen in anderen EU-Ländern sind positiv. 20 von 27 Ländern haben ihn", sagte Brandner. Mit Blick auf die noch laufenden Gespräche der Koalitionsexperten zur Neuregelung des Niedriglohnsektors mahnte er: "Die Diskussion darf sich nicht an der Höhe des Mindestlohns festbeißen."

Die ablehnende Front in der Union bröckelt indes. Nach Auffassung des Vorsitzenden der CDU-Arbeitnehmerschaft, Nordrhein-Westfalens Arbeitsminister Karl-Josef Laumann, muss sich die CDU klarer als bisher für ein Mindestlohnniveau in Deutschland einsetzen. "Ein Mensch, der normal ausgebildet ist und den ganzen Tag arbeitet, muss von den Früchten seiner Arbeit leben können", sagte Laumann dem Tagesspiegel. Kombilöhne müssten eine Notlösung für einen "ganz eng umrissenen Kreis" bleiben, fügte er hinzu.

Söder: Mindestlohn ist Arbeitsplatzvernichtung

CSU-Generalsekretär Markus Söder lehnt einen gesetzlichen Mindestlohn dagegen weiterhin als "ökonomischen Unsinn" ab. "Natürlich wollen auch wir keine sittenwidrigen Löhne, aber ein Mindestlohn à la DGB kommt einer Arbeitsplatzvernichtung gleich", sagte er der "Wirtschaftswoche". Es sei Aufgabe der Gewerkschaften, entsprechende Tarifverträge auszuhandeln. "Der Ruf nach Mindestlöhnen ist deshalb eine Bankrotterklärung des DGB."

Brandner bekräftigte seinen Vorschlag, Mindestlöhne wie in England von einer Kommission aus Wissenschaft, Arbeitgebern und Arbeitnehmern festlegen zu lassen. In England, wo der Mindestlohn inzwischen auf knapp acht Euro gestiegen ist, ist es nach den Worten des SPD-Politikers auch durch die Erhöhungen "nicht zu Verwerfungen gekommen". Er appellierte an die Union, den derzeitigen Konjunkturaufschwung für die Einführung von Mindestlöhnen in Deutschland zu nutzen: "Die Zeit war noch nie so günstig, das Notwendige zu tun."

Auch der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ludwig Georg Braun, forderte von der Bundesregierung einschneidende Reformen noch in dieser Legislaturperiode. In dem Forderungskatalog, den er laut "Bild am Sonntag" an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) geschickt hat, fordert der Verbandschef Einschnitte bei Kündigungsschutz, Rente und Arbeitslosengeld sowie weitere Senkungen der Unternehmensteuern. (tso/dpa/ddp)

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