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Arbeitsmarkt: Arbeitslosenzahl steigt nur leicht an

Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im Dezember lediglich um 75.000 auf 4.606.000 gestiegen. Das ist weniger als für die Jahreszeit üblich und der geringste saisonale Anstieg in einem Dezember seit der Wiedervereinigung.

Nürnberg/Berlin - Die überraschend geringe Dezember-Arbeitslosigkeit hat unter Politikern und Experten eine Debatte über die Perspektiven auf dem deutschen Arbeitsmarkt ausgelöst. Während Regierungsvertreter angesichts der jüngsten Zahlen bereits einen «Silberstreif am Horizont» sehen, warnten Opposition, Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) sowie Wirtschaftswissenschaftler am Dienstag vor voreiligem Optimismus. Von einer Trendwende könne noch keine Rede sein.

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) waren am Jahresende 4.606.000 Menschen ohne Arbeit und damit lediglich 75.000 mehr als im November. Dies ist der geringste Anstieg in einem Dezember seit der Wiedervereinigung. Die Arbeitslosenquote erhöhte sich um 0,2 Punkte auf 11,1 Prozent. Die jüngsten Daten und die Entwicklung der vergangenen Monate stimmten die Bundesagentur für 2006 optimistisch, kommentierte deren Vorstandschef Frank-Jürgen Weise.

Dagegen sprach der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann, am Dienstag lediglich von einer «sich lockernden Stagnation am Arbeitsmarkt» als Folge eines gemäßigten Aufschwungs. Der saisonbereinigte Rückgang der Arbeitslosigkeit im Dezember sei «noch nicht die konjunkturelle Erholung», sondern mit Änderungen bei Erfassung und Statistik zu begründen. Auch das Institut der Deutschen Wirtschaft sieht derzeit allenfalls die «Vorbereitung einer Trendwende».

Keine Hinweise auf eine Wende erkannte der DGB. «Es gibt derzeit kaum Anzeichen für eine nachhaltige Erholung am Arbeitsmarkt», unterstrich Vorstandsmitglied Heinz Putzhammer. Arbeitsmarktreformen allein schafften keine Beschäftigung. Deutschland brauche mehr wirtschaftliches Wachstum und mehr öffentliche Investitionen. Eine Wende auf dem Arbeitsmarkt sieht auch die FDP nicht. Daher gebe es derzeit «keinen Anlass zu Jubelfeiern», betonte FDP-Generalsekretär Dirk Niebel.

Ungleich optimistischer fiel die Einschätzung von Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) aus. «Die Entwicklung am Arbeitsmarkt geht in die richtige Richtung und macht zuversichtlich für 2006», sagte der SPD-Politiker in Berlin. Die Reformen am Arbeitsmarkt wirkten. «Jetzt kommt es vor allem darauf an, die zahlreichen positiven Signale am Binnenmarkt zu stärken und die Konjunktur anzutreiben.» Bei der Union hieß es, die Zahlen zeigten, dass bei der Wirtschaft ein gehöriges Maß an Zuversicht eingezogen sei.

BA-Chef Weise hob besonders den starken Rückgang der saisonbereinigten Arbeitslosenzahl um 110.000 auf 4,638 Millionen hervor. «Dieser Rückgang ist außergewöhnlich groß», betonte Weise. Er führte den positiven Trend im Dezember unter anderem auf das verbesserte Konjunkturklima im zweiten Halbjahr 2005 zurück.

Entlastet worden sei der Arbeitsmarkt im Dezember aber auch durch die geringere Zahl von Entlassungen in der Baubranche, informierte BA-Vize Heinrich Alt ergänzend. Zum Jahresende hätten lediglich 65.000 Beschäftigte der Branche ihre Arbeit verloren; in den Vorjahren seien es rund 100.000 gewesen. «Nach dem Personalabbau der vergangenen Jahre hat die Branche offenbar den personellen Tiefststand erreicht. Außerdem schlägt sich in diesen Zahlen offenbar auch die verbesserte Baukonjunktur nieder», schätzte der BA-Manager.

Alt räumte ein, auch das vergleichsweise hohe Niveau der aktiven Arbeitsmarktpolitik habe die amtliche Dezember-Arbeitslosigkeit gedrückt. «Normalerweise haben wir im Dezember einen Rückgang bei den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen», sagte er. Da aber viele Jobcenter weiterhin bemüht seien, so genannte Ein-Euro-Jobs an Langzeitarbeitslose zu vermitteln, bewege sich der Umfang der aktiven Arbeitsmarktpolitik dieses Jahr im Dezember auf hohem Niveau.

Anders als viele Banken-Volkswirte hält es die BA-Führung für unwahrscheinlich, dass die Arbeitslosigkeit in diesem Winter die Fünf-Millionen-Marke überschreitet. «Ich sehe eine Wahrscheinlichkeit von mehr als 50 Prozent, dass wir bis zum Februar nicht über diese Schwelle kommen», betonte BA-Vize Alt.

Für das Jahr 2006 rechnet BA-Chef Weise mit weiteren Verbesserungen am Arbeitsmarkt. «Wir erwarten, dass der konjunkturelle Aufschwung weiterhin anhält und auch den Arbeitsmarkt erfasst», sagte er. Die Reform der Bundesagentur werde die positive Entwicklung flankieren. Im Jahr 2005 waren nach BA-Angaben im Jahresdurchschnitt 4,863 Millionen Menschen arbeitslos. Das waren 482.000 mehr als 2004; bereinigt um den Hartz-IV-Effekt habe die Zahl aber nur um rund 100.000 zugenommen. (tso/dpa)

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