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Merkel vor voll besetzten Reihen

© dpa

ARD-Wahlarena: Das Merkel-Rezept: Vollbeschäftigung

Der Ärger über Leiharbeit und miese Bezahlung überrascht die Kanzlerin etwas. Sie hat darauf keine rechte Antwort, außer dass sie Vollbeschäftigung anstrebt. In Sachen Euro beteuert Merkel, sie sei "reinen Herzens Europäerin". Am Mittwoch stellt sich ihr Gegenkandidat Peer Steinbrück.

Von Antje Sirleschtov

75 Minuten hat Angela Merkel mit den Wählern gesprochen, vor laufenden Kameras bei der ARD-Wahlarena am Montagabend. Und wer dabei war, konnte eine Kanzlerin erleben, die nicht vorgibt, alles zu wissen, die nicht alles verspricht und die sich schwer tut mit großen Worten und Visionen. Wer diese Regierungschefin nicht ohnehin als Wurschtelkanzlerin sieht, der durfte gewiss zufrieden sein. Denn eines ist ihr in diesem Town-Hall-Meeting gelungen: Sie hat gezeigt, dass sie sich für die Themen interessiert, die den Menschen auf den Nägeln brennen und manchmal sogar große Politik für einfache Gemüter erklären kann.

So wurde Merkel gefragt, was sie denn zu tun gedenke, damit deutsche E-Mails sicherer werden. Worauf Merkel ganz offen gestand: „Dort, wo ich Kanzlerin bin, kann ich das zusagen“, woanders aber nicht. Weshalb man nun mit allen anderen Ländern erst mal reden müsse über gleiche Datenschutzstandards, was gar nicht so leicht sei. Schließlich gelte ja nicht überall ein so strenges Datenschutzrecht wie hierzulande.

Auch in der Europafrage blieb Merkel sich treu. Zwar brauchte sie zwei Anläufe, um rüber zu bringen, dass sie „reinen Herzens Europäerin“ sei. Aber die Spaltung Europas durch ihre harte Reformpolitik: Das wollte sie nun doch nicht auf sich sitzen lassen. Solidarität habe eben immer einen Preis, nämlich die eigenen Reformanstrengungen derjenigen, die Solidarität erhielten, sagte sie. Um dann festzustellen: „Auch wir mussten diese Reformen durchführen.“ Den Skeptikern unter den Eurorettern in Deutschland wird das gefallen haben. Merkel Idee von Europa ist eine von einem „starken Europa“ und sie bekannte am Montag im Fernsehen denn auch ganz offen: Weil es im Augenblick nicht nur Starke gibt in Europa, „müssen wir ein bisschen streng miteinander sein“.

Überrascht schien Merkel, welch breiten Raum bei den Fragestellern das Thema Arbeitsmarkt einnahm und wie groß die Unzufriedenheit mit Ketten-Leiharbeit und geringer Entlohnung ist. Mehrfach wurde sie auf diese Ungerechtigkeiten angesprochen, ohne, dass sie wirklich Lösungen präsentieren konnte. Gesetze und Verordnungen hat die Regierungschefin zwar erwähnt und auch beteuert, dass man gegen Missbrauch in den Unternehmen vorgehe. Und doch stand sie irgendwie hilflos da. 500 Leiharbeiter über zehn Jahre in einem Automobilzulieferbetrieb in Leipzig bei einer Stammbelegschaft von 30 Personen? Da verschlug es auch der Bundeskanzlern für einen Moment die Sprache und es blieb nicht viel mehr, als zu versprechen, dass sie sich kümmern will.

Grenzen der Politik, wenn sie auf Wirklichkeit trifft. Und auf die, die mit ihrer Politik leben müssen. „Arbeit für alle“, sagte Merkel, das müsse doch ein Ziel bleiben. „Um jeden Preis?“, rief es aus dem Publikum. Und Merkels Versprechen, dass jeder von seiner Arbeit leben können muss, klang dann irgendwie leer.

Zum Schluss noch so viel: Für eine Frauenquote ist sie nur auf mittlere Sicht, die Freigabe von Adoptionen für gleichgeschlechtliche Paare will sie „eigentlich eher nicht“. Und am Mittwoch steht Peer Steinbrück in der Arena, auch 75 Minuten lang.

Mehr Artikel rund um den Bundestagswahlkampf 2013 lesen Sie auch in unserem Wahl-Blog und unserer Kolumne "Die Wahlkampfbeobachter".

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