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Argentinien: Aufstand der Bauern

Argentiniens Regierung hat die Steuern auf Agrarexporte erhöht - und erntet seit Monaten Proteste. Die Angst vor der nächsten Krise wächst.

Seit März schon dauert der Konflikt zwischen Argentiniens Bauern und der Regierung – nun droht er sich zu einer politischen Krise auszuwachsen. Nach der gewaltsamen Räumung von Straßenblockaden protestierender Bauern und der vorübergehenden Festnahme mehrerer Demonstranten haben die Bauernverbände am Wochenende einen erneuten Streik beschlossen. Bis Mittwoch sollten keine Agrarerzeugnisse geliefert werden, mit Ausnahme von Milcherzeugnissen und leicht verderblichen Waren. In Buenos Aires und anderen Städten des Landes demonstrierten erneut tausende Menschen gegen die im März angeordnete Erhöhung von Exportabgaben.

Die Regierung der peronistischen Präsidentin Cristina Kirchner hat bisher keine Lösung des Konflikts erreichen können. Zwar hatten die Bauern ihren Streik vergangene Woche weitgehend beendet. Dafür blockierten Lastwagenfahrer den Fernverkehr auf vielen Straßen des Landes, um gegen Verdienstausfälle durch den Bauernstreik zu protestieren. Die Supermarktregale leeren sich, während vor dem Hafen von Buenos Aires Presseberichten zufolge fast 100 Lastschiffe auf die Verladung von Soja, Getreide und Hülsenfrüchten warten. Argentinien ist einer der größten Agrarexporteure der Erde, die Landwirtschaft hat einen Anteil von zehn Prozent am Bruttoinlandsprodukt und erwirtschaftet die Hälfte der Deviseneinnahmen. Die Regierung ist nicht zu einer Rücknahme der Steuererhöhungen auf Agrarexporte bereit; die rund 300 000 organisierten Bauern wollen ebenfalls nicht einlenken, weil dadurch ihre Gewinnmargen drastisch schrumpfen würden. Die Popularität der linksperonistischen Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner ist durch den Konflikt auf 30 Prozent gesunken, auch in ihrer eigenen Partei wächst die Unzufriedenheit.

Auslöser für die Proteste war die Erhöhung der Steuern auf Soja, Getreide und Hülsenfrüchte auf 44 Prozent; überschreiten die Weltmarktpreise eine bestimmte Grenze, fallen bis zu 95 Prozent Abgaben an. Der dafür verantwortliche Wirtschaftsminister musste inzwischen seinen Hut nehmen. Ein Gericht erklärte inzwischen die Steuererhöhungen für verfassungswidrig.

Der Konflikt hat seine Wurzeln in der Finanzkrise von 2001/2002. Damals musste der Staat die Zahlungsunfähigkeit erklären und den heimischen Peso abwerten. Der Sojaboom erwies sich als Rettungsanker. Wegen des steigenden Weltmarktpreises der Sojabohne wurde die Anbaufläche rapide ausgeweitet. Die zu dem Zeitpunkt eingeführten Exportsteuern brachten rasch wieder Geld in die Staatskasse. Begünstigt werden die Agrarexporte durch den künstlich niedrig gehaltenen Wechselkurs – der aber gleichzeitig die Versorgung des heimischen Marktes gefährdet. Daher hat die Regierung für verschiedene Produkte Exportsteuern und Mengenbeschränkungen verhängt; für Grundnahrungsmittel wurden außerdem Preise festgesetzt, die deutlich unter der Inflationsrate liegen. Hauptargument der Regierung ist die Versorgung der 23 Prozent Armen.

Nur: Die rasant steigende Inflation, die Verschuldung mit ihren wachsenden Kosten für die Regierung, die Energieknappheit und die Flucht in den Dollar lassen in Argentinien trotz des robusten Wachstums von rund sieben Prozent im Vorjahr wieder Krisenängste aufkommen.

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