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© dpa

Aribert Heim: Zweifel am Tod von "Dr. Tod"

Die Ermittlungsbehörden in Deutschland und Österreich ermitteln weiter gegen Aribert Heim.

Tarek Farid Hussein war bei seinen arabischen Nachbarn beliebt. Selbst in fortgeschrittenem Alter machte der hochgewachsene, schlanke Mann noch ausgedehnte Spaziergänge durch Kairo. Und doch war der sympathische Herr einer der mutmaßlich größten Nazi-Verbrecher aller Zeiten: Aribert Heim alias „Schlächter von Mauthausen“ alias „Dr. Tod“.

Von dem Kasr-al-Madina-Hotel aus, in dem er seine letzten Lebensjahre verbrachte, lief Aribert Heim zur berühmten Al-Azhar-Moschee, wo er zum Islam konvertiert war. Oder er machte Station in dem alteingesessenen Cafe Groppi am Talat-Harb-Platz. Dort kaufte er Süßigkeiten, die er dann an seine Freunde und deren Kinder verschenkte. In seinem Zimmer las Heim intensiv im Koran. „Er war wie ein Vater für mich“, zitiert die „New York Times“ den heute 38-jährigen Mahmoud Doma, Sohn der Hoteliersfamilie. Aribert Heim sprach mit der Zeit auch fließend Arabisch. Am 10. August 1992 soll er nach Recherchen des ZDF und der „New York Times“ in Kairo an Darmkrebs gestorben sein.

Es gebe „ernst zu nehmende Informationen“, wonach Heim im Sommer 1992 in Ägypten beerdigt worden sei, verkündete das Landeskriminalamt (LKA) Baden-Württemberg am Donnerstag. Seit 1962 schon sind die deutschen Behörden hinter dem brutalen Verbecher, der KZ-Häftlingen bei lebendigem Leib Organe entnommen haben soll, her. Dabei hatte die US-Armee Heim bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in Haft genommen, ließ ihn aber nach zweieinhalb Jahren wieder laufen. Bis Anfang der 60er Jahre praktizierte Aribert Heim als Gynäkologe in Süddeutschland. Um der Justiz zu entkommen, tauchte Heim unter. Nur ein paar Jahre nach seiner Flucht gingen beim LKA vermehrt Hinweise ein, dass der Gesuchte in Ägypten arbeiten soll. Ägyptische Behörden ermittelten, die Spur verlief im Sand. Heim soll anfänglich unter seinem zweiten Vornamen Friedrich in Kairo gelebt haben und zum Islam konvertiert sein. Dabei nahm er den Namen Tarek Farid Hussein an.

Aktuell ist es die oberste Priorität der Ermittlungsbehörden, den Leichnam Heims in Ägypten ausfindig zu machen und schließlich zu identifizieren. Zudem sollen Experten die Echtheit der über hundert Dokumente klären, die das ZDF und die „New York Times“ in Ägypten gefunden haben, darunter auch die offizielle Sterbeurkunde Heims. Zweifel am Tod des Nazi-Arztes äußerten die Experten der Nazi-Fahndungsstelle in Ludwigsburg. „Es kann gut sein, dass da jemand an der Nase herumgeführt werden soll“, sagte der stellvertretende Leiter der „Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltung zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen“, Joachim Riedel der deutschen Presseagentur. Auch der Leiter des Simon-Wiesenthal-Centers in Jerusalem, Efraim Zuroff, will die Suche nicht aufgeben: Man müsse nun „mit einem gewissen Maß an Skepsis und Vorsicht reagieren.“ Vor allem auch deswegen, weil sich Heims Sohn Rüdiger in widersprüchliche Aussagen verstrickt. Bis vor ein paar Monaten behauptete er noch, zu seinem Vater seit 1962 keinen Kontakt mehr gehabt zu haben. Nun will er Aribert Heim bis zu seinem Tod gepflegt haben. Zu diesen Ungereimtheiten wollte sich Rüdiger Heim nicht äußern.

Auch Behörden in Österreich ermitteln gegen den mutmaßlichen Nazi-Verbrecher. So ist seit 1948 bei der Staatsanwaltschaft Linz ein Verfahren wegen hundertfachem Mord anhängig. Man lasse sich von den Medienrecherchen „nicht beeinflussen“ und werde „das Verfahren auch nicht einstellen“, sagte der erste Staatsanwalt in Linz, Rainer Schopper, dem Tagesspiegel. Ebenso will Jost Rebentisch vom Bundesverband Information und Beratung für NS-Verfolgte handfeste Beweise abwarten: „Noch glauben wir nicht an den Tod von Aribert Heim. Sollten die Berichte aber stimmen, so wäre es für uns keine Genugtuung, da Heim nicht zur Rechenschaft gezogen wurde.“

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