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Politik: „Armut kann ein Grund für Terrorismus werden“

Benins Präsident über den ungerechten Welthandel und die Folgen schlechten Regierens weltweit

Deutschland hat mit großer Sympathie verfolgt, dass Benin die Beschneidung von Frauen nicht nur verboten hat, sondern versucht, durch Angebote an die Beschneiderinnen, ihren Lebensunterhalt anders zu verdienen, die Tradition zu überwinden. Hatten Sie damit Erfolg?

Wir haben 2005 eine nationale Feier zur Beendigung der Beschneidung von Frauen und Mädchen veranstaltet, an der auch die deutsche Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul teilnahm. Dem ging eine jahrelange Überzeugungsarbeit in den Dörfern voraus. Benin hat diese Tradition wirkungsvoll und endgültig abgeschafft. Darüber spricht niemand mehr.

Welche Rolle spielen die Frauen in Ihrem Entwicklungskonzept?

Die Frauen sind beim Kampf gegen die Armut von großer Bedeutung. Viele von ihnen arbeiten in der Landwirtschaft. Die Frauen nehmen einen wichtigen Platz in der Gesellschaft und in unserer Wirtschaft ein. Wir haben einige Förderprogramme auf Frauen zugeschnitten, weil wir uns davon eine bessere Versorgung der Menschen auf dem Land versprechen.

Benin hängt stark vom Baumwollanbau ab. Wäre es für Sie nicht wichtig, die Doha-Welthandelsrunde wiederzubeleben, um bessere Marktbedingungen durchzusetzen?

Solange die Welt so schlecht und ungerecht regiert wird beim Welthandel, verlieren wir jeden Tag viel Geld, das wir selbst verdienen könnten. Die Subventionen der USA an 25 000 amerikanische Baumwollbauern sind sechsmal höher als ihre gesamte Entwicklungshilfe für Afrika. Da gibt eine kleine Hand, und eine viel größere nimmt gleichzeitig wieder. Ob mit oder ohne WTO bemühen wir uns gemeinsam mit unseren Nachbarn Mali, Burkina Faso und Niger darum, bessere Handelsbedingungen auszuhandeln. Die beste Entwicklungshilfe für uns wäre die Streichung der Subventionen. Denn solange der Baumwollpreis so niedrig liegt, können wir nicht in den Aufbau von auf dem Produkt aufbauenden Industrien investieren wie Spinnereien, Webereien oder Nähereien. Wir exportieren 95 Prozent unserer Baumwolle als Rohstoff völlig unbearbeitet. Wenn das so bleibt, bleiben wir arm.

Wie kann Deutschland Ihnen helfen?

Wir wünschen uns Gespräche, die alle Beteiligten an einen Tisch bringen, um eine Vereinbarung zu treffen, die uns eine faire Chance auf dem Weltmarkt gibt. Dabei hoffen wir auch auf die Unterstützung Deutschlands. Denn die Entwicklungshilfe, die von den Europäern gezahlt wird, ist nicht besonders hoch. Wir sprechen mit Blick auf die ungerechten Handelsbedingungen für unsere Produkte von einer schlechten Regierungsführung auf Weltniveau. Nicht nur viele unserer Staaten sind lange schlecht regiert worden. Ja, es sind Fehler passiert in Afrika. Aber nicht nur wir haben schlecht regiert. Die Welt wird auch schlecht regiert. Denn die Armut ist nicht nur ein Grund für viele junge Afrikaner, ihre Länder zu verlassen. Die Armut kann auch ein Grund für Terrorismus werden.

Das Interview führte Dagmar Dehmer.

Yayi Boni (54) ist seit März 2006 Präsident des westafrikanischen Landes Benin. Zuvor leitete er die west-afrikanische Entwicklungsbank. Benin gehört zu den ärmsten und am wenigsten entwickelten Ländern.

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