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Aserbaidschan: Nooke vor verschlossener Tür

Zwei Bürgerrechtler sind in Aserbaidschan vor der Ankunft des Menschenrechtsbeauftragten Günter Nooke festgenommen worden.

Berlin - Als der deutsche Menschenrechtsbeauftragte Günter Nooke am vergangenen Donnerstag am Flughafen in Baku eintraf, war sein Dolmetscher nicht da. Emin Milli, früherer Leiter des Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung in Aserbaidschan und Gründer einer Jugendorganisation, saß zu diesem Zeitpunkt schon in Haft. Zusammen mit Adnan Hadjizade, einem Videoblogger und Bürgerrechtler, war er am Abend davor festgenommen worden. Die beiden saßen in einem Café, als sie plötzlich von zwei Männern angegriffen wurden. Sie wollten bei der Polizei Anzeige erstatten, wurden dann aber selbst festgenommen. Die Angreifer kamen nach kurzer Zeit wieder frei. Den beiden Bürgerrechtlern, den Opfern des Angriffs, wurde dagegen „Hooliganismus“ vorgeworfen. Medizinische Behandlung für die erlittenen Verletzungen wurde ihnen nach Angaben der Organisation Reporter ohne Grenzen von der Polizei verwehrt.

Beobachter gehen davon aus, dass das Engagement der Menschenrechtsaktivisten der eigentliche Grund für die Festnahme ist. Beide sind sowohl in Jugendorganisationen als auch als Bürgerjournalisten aktiv. Milli arbeitet für einen Online-Fernsehsender, Hadjizades satirische Videos sind unter anderem bei Youtube zu sehen. Am Freitag entschied ein Gericht in Baku, dass Milli und Hadjizade zwei Monate in Untersuchungshaft bleiben müssen. Sollten sie in dem zu erwartenden Prozess verurteilt werden, drohen ihnen mehrere Jahre Haft.

„Ich habe das als politische Provokation und als politischen Prozess wahrgenommen“, sagte Nooke dem Tagesspiegel. Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung fuhr in Baku zu einer Polizeistation, um die beiden zu besuchen, was ihm dort aber verwehrt wurde. Auch am Freitag stand Nooke vor verschlossener Tür, als er das Gerichtsverfahren beobachten wollte, in dem über die Untersuchungshaft entschieden wurde. Nooke sagt, er nehme den Fall persönlich, auch weil es um seinen Dolmetscher gehe. Er weiß nicht, ob es ein Zufall war, dass Milli so kurz vor seiner eigenen Ankunft in Baku festgenommen wurde. Und wenn nicht? „Dann heißt das: Sie testen aus, was sich der Westen bieten lässt. Dabei mache ich nicht mit“, sagte Nooke.

Zusammen mit der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft bereitet Nooke eine Demarche der Europäischen Union vor. Dass das Land im Kaukasus für die EU von großer strategischer Bedeutung ist, wurde in dieser Woche wieder besonders deutlich: Am Montag wurden die Verträge für die Nabucco-Pipeline unterzeichnet – Hauptlieferant für das Erdgas, das Europa von Russland unabhängiger machen soll, ist vorerst Aserbaidschan. Außerdem ist das Land Teil der Östlichen Partnerschaft der Europäischen Union.

Es dürfe auf keinen Fall der Eindruck entstehen, Deutschland und der EU gehe es nur um wirtschaftliche Interessen, betonte Nooke, der das Regime in Baku auf dem Weg in eine Diktatur sieht. Der Fall der beiden inhaftierten Bürgerrechtler werde die Beziehungen zu Aserbaidschan beeinflussen. Das aserbaidschanische Innenministerium und die Staatsanwaltschaft wiesen die Kritik ausländischer Diplomaten an der Festnahme unterdessen als Einmischung zurück.

Aserbaidschan wird von Staatschef Ilham Alijew autoritär regiert. Im März sicherte er sich per Referendum das Recht auf eine unbegrenzte Amtszeit. Vor kurzem wurde ein Entwurf zu einem Gesetz vorgestellt, das die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen im Land stark einschränken sollte. Nach massiven Protesten, auch aus dem Ausland, wurde das Gesetz etwas entschärft. Meinungs- und Pressefreiheit gibt es in Aserbaidschan nicht. Die Behörden gehen immer wieder gegen Journalisten vor.

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