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Atomenergie: EU-Kommission will Endlager-Pläne

Brüssel verlangt baldige Klärung, was langfristig mit dem Atommüll geschehen soll.

Brüssel - Es ist wohl ein zeitlicher Zufall, dass der neue EU-Gesetzesvorschlag zur Atommüllendlagerung am Mittwoch präsentiert wird. Weil aber zwei Tage später ein Castor-Transport die französische Wiederaufbereitungsanlage La Hague Richtung Gorleben verlässt, steckt in der Präsentation von EU-Energiekommissar Günther Oettinger eine noch größere Brisanz als ohnehin schon. Ziel des Deutschen ist es, eine schnellere Antwort auf die europaweit ungelöste Frage nach der Endlagerung von radioaktivem Atommüll zu erzwingen. In keinem der 14 EU-Länder, in denen rund 140 Kernkraftwerke in Betrieb sind, existiert ein Endlager. Nun sollen die Mitgliedstaaten angehalten werden, spätestens vier Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie Brüssel konkrete Pläne vorzulegen. Da die EU-Kommission damit rechnet, dass Europaparlament und Rat der Regierungen das Gesetz 2011 verabschieden, wäre Ende 2015 das Zieldatum.

„Das heißt nicht, dass es Ende 2015 eine Entscheidung für oder gegen Gorleben geben muss“, hieß es einschränkend aus Oettingers Umfeld. Wohl aber sollen bis dahin ein „glaubwürdiger Fahrplan für die wissenschaftlichen Untersuchungen sowie die Standortsuche und ein Finanzierungskonzept“ vorliegen, sagte der EU-Diplomat. Dazu gehört, dass die Betreibergesellschaften die entsprechenden Rücklagen nachweisen. Sie „sollen“ dem Richtlinienentwurf zufolge an den Kosten für ein Endlager beteiligt werden, in welchem Umfang, bliebe aber Sache der Staaten.

Die EU-Staaten sind unterschiedlich weit bei der Erkundung. „Spitzenreiter“ sind Frankreich, Finnland und Schweden, die konkrete Bautermine verkündet haben. Ganz anders in Deutschland, wo am Wochenende tausende Demonstranten im Wendland erwartet werden, wenn der Zug mit insgesamt elf Castor-Behältern erwartet wird. Zumindest solche Transporte aus Frankreich könnten künftig wegfallen, da das neue EU-Gesetz allen Einzelstaaten auferlegen will, auf Endlagersuche zu gehen. Höchstens Verbünde kleinerer EU-Staaten wären dem Gesetzentwurf zufolge möglich. „Ich will nicht, dass wir uns die Sache leicht machen und mit Drittstaaten ein Vertrag geschlossen wird, dass die diese Abfälle nehmen“, hatte Oettinger bereits im Frühjahr angekündigt. Einen Atommüllexport in Nicht-EU-Länder wie etwa Russland schließt die Richtlinie entsprechend aus. Vom Verbot ausgenommen sein könnte dem Vernehmen nach aber die Schweiz, die an der Grenze zu Baden-Württemberg, unweit von Bad Säckingen, ihr Endlager plant.

Über die Vorgaben, die die EU-Kommission zu den Standorteigenschaften vorschlagen will, ist bereits im Vorfeld Streit entbrannt. So benennen EU-Kommissionsmitarbeiter die unterirdische Tiefenlagerung angesichts der Gefahr von Anschlägen oder Flugzeugabstürzen als „einzig mögliche“ Variante. Dazu bestehe „eine weltweite wissenschaftliche und technische Übereinstimmung“, wie es in einem Begleitpapier heißt. Wie tief der strahlende Müll gelagert werden soll, will Brüssel den Angaben zufolge nicht vorschreiben – dies müsse individuell untersucht werden. Christopher Ziedler

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