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Politik: Atompolitik - zwei Denkrichtungen

Der Streit war absehbar, weshalb das Kapitel "Ausstieg aus der Atomenergie" auch eins der ausführlichsten im rot-grünen Koalitionsvertrag ist. Genutzt hat die redaktionelle Sorgfalt bislang wenig, der Streit ist trotzdem ausgebrochen - und zeitweise mit einer Wucht, dass der Bestand der Koalition gefährdet erschien.

Von Robert Birnbaum

Der Streit war absehbar, weshalb das Kapitel "Ausstieg aus der Atomenergie" auch eins der ausführlichsten im rot-grünen Koalitionsvertrag ist. Genutzt hat die redaktionelle Sorgfalt bislang wenig, der Streit ist trotzdem ausgebrochen - und zeitweise mit einer Wucht, dass der Bestand der Koalition gefährdet erschien. In der SPD und unter seinen Realo-Parteifeinden ist es üblich geworden, den Grünen-Umweltminister Jürgen Trittin für Zank und Pannen verantwortlich zu machen. Aber der Fall liegt komplizierter.

Denn innerhalb der Koalition liegen zwei Denkrichtungen im Streit miteinander. Trittin und mit ihm jene Grünen, denen das Atom-Thema nach wie vor Herzensangelegenheit ist, wollen in erster Linie einen raschen und unumkehrbaren Ausstieg. Kanzler Schröder und sein Wirtschaftsminister Werner Müller wollen in erster Linie Einvernehmen mit der Industrie. Darum haben Schröder und Müller bisher alle Versuche Trittins ausgebremst, eine Drohkulisse aufzubauen, die die Stromkonzerne zum Einlenken bewegen soll. Darum misstrauen umgekehrt Trittin und große Teile der grünen Basis allen Konsensvorschlägen Müllers - sie werden den Verdacht nicht los, der Ex-Veba-Manager spiele allzu bereitwillig das Spiel seiner früheren Arbeitgeber mit.

Ein Ausweg ist vorerst nicht erkennbar. Zwar hat ein Kompromissmodell von Trittin und Außenminister Joschka Fischer bei der Industrie wohlwollende Kommentare ausgelöst. Aber die Frage, wie lange in Deutschland noch Strom aus Atomkraft gewonnen wird, ist offen. Und damit womöglich die Frage, wer zuerst ausstirbt: die AKWs oder die Anti-Atom-Partei.

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