zum Hauptinhalt

Atomstreit: Westen droht wieder mit Sanktionen gegen Iran

Nach Ansicht des iranischen Oppositionellen Akbar Gandji werden im Atomstreit "nationale Interessen geopfert", um im Machtkampf innerhalb der Regierungselite "Punkte für das eigene Lager" zu machen.

Berlin - Der Iran sendet widersprüchliche Signale im Atomstreit. Hatte das Parlament am Sonntag als Reaktion auf die kritische Resolution der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) beschlossen, zehn weitere Anlagen zur Urananreicherung zu bauen, so signalisierte der iranische Parlamentspräsident Ali Laridschani am Montag, es gebe noch die Möglichkeit für eine diplomatische Lösung. Der Iran wolle seine Arbeit unter der Aufsicht der IAEO fortsetzen. Laridschani hatte jedoch den Kompromiss zur Anreicherung iranischen Urans im Ausland abgelehnt. Deutschland, Frankreich und Großbritannien wiederum warnten den Iran bei einer Ausweitung seines Atomprogramms vor Sanktionen.

Nach Ansicht des iranischen Oppositionellen Akbar Gandji werden im Atomstreit „nationale Interessen geopfert“, um im Machtkampf innerhalb der Regierungselite „Punkte für das eigene Lager“ zu machen. Gandji, der einst Leibwächter von Revolutionsführer Ayatollah Khomeini war, sich später aber zu einem der führenden Kritiker des Regimes entwickelte und sechs Jahre im Gefängnis saß, erklärt die Ablehnung des Deals zur Urananreicherung mit der Rivalität zwischen Präsident Mahmud Ahmadinedschad und dem früheren Atomunterhändler und jetzigen Parlamentspräsidenten Laridschani, der versucht, eine dritte politische Kraft jenseits von Ahmadinedschad und Opposition aufzubauen. Ahmadinedschad hatte Laridschani 2007 praktisch zum Rücktritt gezwungen, indem er dessen pragmatischen Kurs torpediert hatte. Jetzt habe Laridschani den Kompromiss zur Urananreicherung, den Ahmadinedschad angeblich gerne angenommen hätte, um Ruhe an der äußeren Front zu haben, öffentlich als „Verrat“ gebrandmarkt, sagte Gandji in Berlin, wo er auf Einladung der Heinrich-Böll-Stiftung weilte. Grund: Laridschani gönnt seinem Rivalen, gegen den er bereits bei der Präsidentschaftswahl 2005 angetreten war, keinen Erfolg, der dessen politisches Lager stärken würde. Andere Thesen gehen davon aus, dass die Kräfte der Revolutionären Garden mittlerweile so stark sind, dass sie den Deal verhindern konnten, den Unterhändler Said Dschalili, ein enger Vertrauter Ahmadinedschads, mit nach Teheran brachte.

Die Regierungen von Deutschland, Frankreich und Großbritannien warnten unterdessen den Iran vor weiteren Sanktionen. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) erklärte in Berlin: „Die Ankündigung des Iran, seine Urananreicherung auszubauen, geht eindeutig in die falsche Richtung.“ Die Geduld der internationalen Staatengemeinschaft sei „nicht endlos“. Westerwelle forderte Teheran auf, mit der IAEO „ohne Wenn und Aber zusammenzuarbeiten“ und seine internationalen Verpflichtungen zu erfüllen. „Klar ist: Wenn der Iran unsere ausgestreckte Hand ausschlägt, muss er mit weitergehenden Sanktionen rechnen.“ Auch Frankreichs Verteidigungsminister Hervé Morin sagte dem Radiosender France Inter, die internationale Gemeinschaft werde sich „wahrscheinlich in Richtung neuer Wirtschaftssanktionen“ bewegen müssen. Es sei jetzt klar, dass die Politik der „ausgestreckten Hand nicht funktioniert“ habe. Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner bezeichnete die iranische Haltung als „sehr gefährlich“. Es sei wichtig, die Gespräche fortzuführen, sagte der Sprecher von Großbritanniens Premierminister Gordon Brown. Aber gegen Ende des Jahres könne auch über neue Sanktionen nachgedacht werden. Die USA warfen dem Iran vor, seine Verpflichtungen zu missachten. mit AFP

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false