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Atomwaffen?: Uranspuren in syrischer Anlage

Auf dem syrischen Gelände, das Israel im September 2007 wegen Verdachts auf einen geheimen Atomreaktor bombardiert hatte, haben Inspekteure Spuren von künstlich hergestelltem, angereichertem Uran entdeckt. Die IAEO fordert einen Untersuchungsbericht.

Das Misstrauen bleibt, und die Zweifel wachsen. Auch wenn Syrien immer wieder beteuert, keine nuklearen Absichten zu hegen, die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) will das Land jetzt erstmals zum Gegenstand eines offiziellen Untersuchungsberichts machen. Anlass ist ein brisanter Fund ihrer Inspekteure, den sie bei einer dreitägigen Visite im Juni nahe der Wüstenstadt Deir ez Zor machten. Auf dem Gelände der von Israel im September 2007 bombardierten Anlage fanden sie geringe Spuren von künstlich hergestelltem, angereichertem Uran.

Seit Mai hat die IAEO Fotos und US-Geheimdienstinformationen, die den Luftangriff rechtfertigen sollen. Danach stand Syrien mit Hilfe nordkoreanischer Techniker vor der Fertigstellung eines Reaktors, mit dem sich auch Plutonium für Atombomben herstellen lässt. Syrien weist die Vorwürfe zurück. Präsident Baschar al Assad erklärte, das zerstörte Gebäude sei komplett leer und noch im Bau gewesen – und das seit Jahren. Wenn Syrien ein geheimes Atomprogramm verfolge, dann nicht „im Zentrum von Syrien, in der Wüste und unter freiem Himmel, für jeden Spionagesatelliten sichtbar“.

Syrien hat nun einige Fragen zu beantworten

Dagegen erklärte jetzt ein Diplomat mit Verbindungen zur IAEO der Nachrichtenagentur Reuters, die Behörde glaube, genügend Informationen zu haben, „um Syrien direkt nach Nordkorea und dem Iran auf die Tagesordnung setzen zu können.“ Die im Juni gefundenen Spuren von Uran seien so gering, dass sie nicht für den Beweis einer Anreicherung im großen Stil ausreichten. Sie könnten auch ungewollt durch verseuchte Kleidung von Wissenschaftlern oder bestimmte Instrumente in die Anlage gelangt sein, ergänzte ein anderer Diplomat. Dennoch sei die IAEO zu dem Schluss gekommen, dass Syrien nun einige Fragen zu beantworten habe.

Ausgelöst hat das Misstrauen der Atombehörde offenbar das Verhalten von Damaskus während der Inspektion. An der Angriffsstelle waren sämtliche Trümmer weggeräumt und ein neues Gebäude hochgezogen worden. Minutiös vorbereitet hatte man offenbar eine Probenahme vor Ort und eine Routinebefragung von Mitgliedern des syrischen Atomenergiekomitees, die die üblichen internationalen Kontakte pflegen. Offiziell besitzt Syrien nur einen nuklearen Forschungsreaktor in Deir al Hajjar bei Damaskus, der regelmäßig von der IAEO inspiziert wird.

Doch es kam ganz anders – zum Entsetzen der Syrer, wie arabische Zeitungen berichteten. Die UN-Inspekteure präsentierten eine lange Liste von zivilen und militärischen Gesprächspartnern, die bisher „nicht als Mitglieder von Komitees und Institutionen im Atomenergiesektor in Erscheinung getreten waren“. Regelrecht geschockt hätten die Syrer reagiert, als die Inspekteure ihnen schließlich noch ein Foto von Ibrahim Othman, dem Chef des syrischen Atomenergiekomitees, präsentierten, das ihn angeblich zusammen mit dem Chef des nordkoreanischen Atomreaktors von Yongbyon zeigt. Intern setzte danach anscheinend eine hektische Suche nach der undichten Stelle ein, die die Atom-Inspekteure mit den Namen versorgt haben könnte. Offiziell gab Syrien bekannt, es werde keine weiteren Kontrollen mehr gestatten. Und sechs Wochen später wurde der syrische Kontaktmann zur IAEO, General Mohammad Suleiman, in der Hafenstadt Tartus von einem Scharfschützen ermordet.

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