zum Hauptinhalt

Politik: Auf der Flucht mit Al Qaida

Roms Innenminister: Terroristen verdienen an Illegalen

Giuseppe Pisanu ist ein sehr vorsichtiger Mann. Italiens Innenminister gehört nicht zu jenen, die vorschnell Urteile fällen. Als er vor mehr als einem halben Jahr durch Mitarbeiter des italienischen Geheimdienstes von der Verbindung zwischen illegaler Einwanderung nach Italien und der islamischen Terrororganisation Al Qaida hörte, wandte er sich nicht sofort an die Medien. Stattdessen setzte Pisanu den Geheimdienst und seine eigenen Mitarbeiter auf diese unheilvolle Verbindung an. Jetzt hat sein Ministerium einen Bericht veröffentlicht, der über die Beziehungen von Al Qaida zu Schlepperbanden berichtet.

Auf Grund von zahlreichen Informationen aus nordafrikanischen Ländern wie Libyen und Algerien, wie Ägypten und Marokko, so das Innenministerium, könne mit ziemlicher Sicherheit gesagt werden, dass Vertrauensleute der Al Qaida von arabischen Staaten aus ihre Hände beim Flüchtlingsgeschäft mit im Spiel haben.

Der Bericht des Ministeriums zeichnet die Wege der Flüchtlinge nach, die über das Mittelmeer nach Süditalien gelangen. Fast alle Wege aus Asien sowie aus Schwarzafrika führen durch islamische Staaten. Durch Staaten, in denen Al-Qaida-Mitarbeiter mit den dortigen Bossen der Flüchtlingsmafia Geschäfte machen, logistische Schwierigkeiten lösen und die Weiterfahrt der Menschen organisieren. Auf diese Weise, so Minister Pisanu, gelangen viele Millionen Dollar in die Kassen von Al Qaida. Genaue Beträge wurden jedoch nicht genannt.

Pisanus Bericht versucht, das Phänomen der illegalen Einwanderer nach Italien zählenmäßig zu erfassen. Auf zirka zwei Milliarden Euro wird das jährliche Geschäftsvolumen der nordafrikanischen Flüchtlingsmafia geschätzt. In Ländern, so der Minister, in denen Al Qaida bei diesem Geschäft besonders kräftig mitmischt, verdient die Terrororganisation auch besonders gut.

Rund 4000 Euro muss ein asiatischer oder afrikanischer Flüchtling für seine Reise nach Italien berappen. Vorsichtigen Schätzungen zufolge gelangen auf illegale Weise jährlich zwischen 500 000 und 700 000 Menschen nach Europa. Ein Geschäft,das immer größere Ausmaße annimmt, so die Bilanz des Innenministeriums. Vor allem angesichts der Tatsache, dass logistisch ausgezeichnet ausgerüstete Organisationen wie Al Qaida bei dem Deal mit den Einwanderern mitmischen und auf Grund ihrer internationalen Geschäftsbeziehungen von großer Hilfe sein können. Minister Pisanu fordert deshalb seine Kollegen in der EU dazu auf, bei der Terrorbekämpfung verstärkt auf diese Hintergründe zu achten.

Thomas Migge[Rom]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false