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Pofalla

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Politik: Auf der Suche nach dem Positiven

Trotz der Finanzkrise plant die CDU Steuerentlastungen und will damit im Bundestagswahlkampf punkten.

Von Robert Birnbaum

Berlin - Im Konrad-Adenauer-Haus ist die Finanzkrise noch nicht angekommen. Der CDU-Generalsekretär jedenfalls gibt sich unbeeindruckt: „Wir wollen ein Entlastungsprogramm für Deutschland in der nächsten Legislaturperiode“, sagt Ronald Pofalla. Und deshalb werde der CDU-Parteitag in zwei Wochen die Eckpunkte einer Steuerreform beschließen. Der wichtigste dieser Eckpunkte steht auch schon fest: Die „kalte Progression“ soll verschwinden, also das Phänomen, dass Lohnerhöhungen sich für Arbeitnehmer kaum lohnen, weil sie sofort in die nächsthöhere Steuerstufe rutschen. Die kalte Progression abzuschaffen, kostet Geld. Doch die Frage, ob sich das der Staat noch leisten kann, beeindruckt Pofalla wenig: „Das Ziel des Haushaltsausgleichs bleibt beibehalten.“

Dass die Finanzkrise im Adenauer- Haus nicht ankommen darf, hat freilich einen simplen Grund. Die Steuerreform ist seit einem guten Jahr Pofallas Lieblings-Wahlkampfrenner für 2009. Zum ersten Mal beschlossen worden ist sie bei der CDU-Vorstandsklausur am Jahresanfang in Wiesbaden. Schon damals kündigte der General an, dass die CDU Anfang 2009 ein Steuerkonzept für die nächste Wahlperiode vorlegen werde. Die Idee lag im Trend; angesichts von guten Wirtschaftsdaten und sprudelnden Steuerquellen war nicht nur in der SPD vom „Ende der Zumutungen“ und von Teilhabe am Aufschwung die Rede.

Von guten Daten und Aufschwung redet heute niemand mehr. Trotzdem verfolgen Pofalla und seine Chefin Angela Merkel das Vorhaben weiter. Es ist ja auch bisher ihre einzige Idee für eine positive Botschaft über den Wahltag hinaus. Ohne das Versprechen auf „mehr Netto vom Brutto“ bliebe nur ein Wahlkampf, der auf die hohen Ansehenswerte der Kanzlerin baut – und das, schwant wohl selbst dem CDU-General, könnte ein bisschen zu wenig sein als Angebot an die Wähler.

Nur so wird auch verständlich, weshalb Merkel für das Steuerprojekt massiven Ärger mit der CSU in Kauf nahm. Als deren damaliger Chef Erwin Huber auf der verzweifelten Suche nach zündenden Themen für seinen eigenen Landtagswahlkampf ein eigenes Steuerkonzept präsentierte, ließ ihn Merkel abblitzen. Eine Steuersenkung sei jetzt nicht drin, weil erst der Bundeshaushalt konsolidiert werden müsse, lautete die Standardformel, mit der die große Schwester jede Wahlkampfunterstützung für die kleine abblockte. Dass die CDU sich das Thema lieber für den eigenen Wahlkampf aufsparen wollte, gaben CDU-Spitzenleute nur hinter vorgehaltener Hand zu.

In der CSU sitzt der Groll über den Vorgang tief; Huber hat das in seiner Abschiedsrede deutlich anklingen lassen. Dass aus Bayern öffentlich nachgekartet wird, ist aber unwahrscheinlich. Es ist vielleicht auch überflüssig. Schon haben in der CDU nämlich erste Spitzenleute angefangen nachzufragen, ob eine Steuersenkung zeitgemäß ist. Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger etwa hat betont, dass Steuersenkungen „auf Pump“ nicht infrage kämen.

Pofalla ist darüber mit der Bemerkung hinweggegangen, Oettinger und er seien sich einig. Aber die Gefahr ist unübersehbar, dass aus dem Wahlkampfschlager nichts wird. Denn wenn die CSU-Steuerreform nicht drin war, weil sie die Haushaltskonsolidierung gefährdete – warum soll, zumal in Krisenzeiten, für eine CDU-Steuerreform etwa anderes gelten?

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